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Zukunft der Arbeit: Globale Rahmenbedingungen für die Gestaltung der Arbeit

Die Zukunft der Arbeit und die Möglichkeiten der Arbeitsgestaltung werden in den nächsten Jahren sehr viel stärker als in der Vergangenheit von global wirkenden Faktoren bestimmt werden. Einige dieser Faktoren sind unter dem Stichwort „Megatrends“ bereits diskutiert. Es fehlt jedoch eine notwendige Auseinandersetzung mit der tatsächlichen Komplexität der zusammen wirkenden Faktoren. Weiterhin werden erst in Ansätzen praktische Wege erforscht und erprobt, mit den neuen Bedingungen umzugehen und die zentralen Aufgaben einer humanen gestalteten Arbeitswelt anzugehen. Dieser Beitrag gibt deshalb einen Überblick über die zu berücksichtigenden globalen Kräfte.

In den Analysen und Prognosen zur zukünftigen Entwicklung des Arbeitslebens werden Megatrends in der Regel als die maßgeblichen Einflussgrößen dargestellt.

  • Globalisierung
  • neue Technologien, insbesondere die Digitalisierung
  • gesellschaftliche Veränderungen (Wertewandel; Alterung; Zuwanderung; soziale Schichtung und Einkommensverteilung)
  • ökologische Grenzen (Klimawandel; Knappheit von Rohstoffen und nutzbarer Landfläche; Grenzen der Abfallbelastung)

Für ausführlichere Analysen:
Die technische Entwicklung und zwar hier in erster Linie die Digitalisierung steht zurzeit im Vordergrund der Diskussion über die zukünftige Entwicklung und Gestaltung des Arbeitslebens. Dahinter steht die Erwartung, dass der globale Wettbewerb sich zunehmend zu einem wissensbasierten Innovationswettbewerb entwickeln wird und der demographischen Entwicklung ebenfalls mit einem neuen Rationalisierungsschub begegnet werden kann. Wie dargestellt entwickelt sich ein Kommunikationsraum zu neuen Konzepten für die Gestaltung des Arbeitslebens. Verbreitet sich die Erkenntnis, dass technische und soziale Innovationen Hand in Hand gehen müssen. Vor allem zur Erzeugung der im Wettbewerb immer wichtigeren Innovationen wird eine neue Organisation der Arbeit und der Unternehmensführung diskutiert. Dezentrale und partizipative Führungsstrukturen, selbstständige Arbeitsgestaltung, innerbetriebliche und zwischenbetriebliche Kooperation sind in zentraler Elemente der Diskussion.

Diese Auseinandersetzungen im Kommunikationsraum“ Zukunft der Arbeit“ sind zwar für die Entwicklung neuer Gestaltungselemente des Arbeitslebens von herausragender Bedeutung, sie blenden aber ganz wesentliche zukünftige Einflussgrößen auf die Entwicklung des Arbeitslebens aus. In einer differenzierteren Betrachtung der Einflussgrößen bzw. Megatrends zeigen sich Elemente und Entwicklungen, die bisher nur unzureichend berücksichtigt sind und zwar sowohl für sich als vor allem auch ihrem komplexen Zusammenwirken.

Ein wesentlicher Faktor, der erheblichen Einfluss haben dürften, ist die nächste Phase der Globalisierung [Link]. Die 1. Phase der Globalisierung, vor allem gekennzeichnet durch „China als Werkstatt der Welt“ und durch die Herstellung eines Weltmarktes für Arbeit, der auch in den Industrieländern bzw. Hochlohnländern zu erheblichen Anpassungen nach unten geführt hat. Jetzt stehen die Schwellenländer vor einer strukturellen Barriere, welche die nächste Phase der wirtschaftlichen Entwicklung und damit der Globalisierung kennzeichnet. Schwellenländer müssen ihr Entwicklungsmodell ändern und zwar von einem exportorientiert (Rohstoffe, lohnempfindliche Industriewaren) zu einem immer stärker vom binnenwirtschaftlichen Konsum getragenen Entwicklungsmodell. Dazu sind erhebliche Investitionen in die Ausbildung der Arbeitskräfte, in die Produktionsanlagen und die Infrastruktur erforderlich, um den für die neue Phase der Entwicklung erforderlichen Produktivitätsschub zu erzielen. Dies ist zurzeit der Engpass der weltwirtschaftlichen Entwicklung und der weiteren Entwicklung der Globalisierung. Misslingt dieser Sprung, kann die Weltwirtschaft wieder in kleinräumigere Wirtschaftsblöcke zurückfallen. Dies hätte gravierende Konsequenzen für das exportorientierte Wirtschaftsmodell Deutschlands. Deutsche Unternehmen müssten sich wesentlich stärker auf den europäischen und amerikanischen Markt konzentrieren. Auch der Innovation – und Rationalisierungsdruck wäre wesentlich geringer, die Übernahme neuer Technologien – die Digitalisierung – sich wesentlich langsamer vollziehen.

Ob sich eine neue Phase der Globalisierung mit intensiverer wirtschaftlicher Kooperation entwickelt, wird maßgeblich von China abhängen, auch China als Vorbild für andere. Wie für alle Schwellenländer ist es für China nicht einfach, den Status eines Niedriglohnlandes zu verlassen und eine breite Mittelklasse zu schaffen. Die USA und Europa haben dafür Jahrzehnte gebraucht. Die Wirtschaft muss diversifiziert werden, eine Innovationskultur muss entstehen, Arbeitskräfte müssen besser und intensiver ausgebildet, eine breite wissenschaftliche Infrastruktur muss geschaffen und die wirtschaftlichen Erfolge müssen breiter verteilt werden. Dieser Weg in die „Moderne“ weist noch eine ganze Reihe weiterer wesentlicher Probleme auf, unter anderem die demographische Entwicklung, neue Systeme sozialer Sicherheit, Rechtssicherheit und nicht zuletzt Klima – und Umweltschutz. Dieser Umbau der Strukturen von Wirtschaft und Gesellschaft in China wird mindestens das nächste Jahr fünft in Anspruch nehmen. Wenn er gelingt, wird er jedoch die anderen Länder in Asien, Russland und eventuell auch die Schwellenländer Lateinamerikas mit ziehen. In dieser Übergangszeit werden die Schwellenländer jedoch als die maßgeblichen Wachstumsmotoren der Weltwirtschaft ausfallen. Die deutsche Wirtschaft wird sich auf stagnierende Exporte, wachsenden Wettbewerb und vor allem auch auf veränderte Nachfragestrukturen einstellen müssen. Die Anforderungen an die „hybride Wertschöpfung“, sowohl an die Produkte als auch an die immer wichtigeren Dienstleistungen werden steigen und damit der Bedarf an qualifizierten gut ausgebildeten Arbeitskräften. Die immer wichtigere Kundennähe wird auch nicht durch technische Kommunikationssysteme kompensiert werden können.

Schon heute begegnen die USA dieser „Gefahr“ der aufstrebenden Wirtschaftsmacht China mit der Organisation von hegemonialen Wirtschaftsräumen (TTP; CETA,TTIP). Es geht hier nicht nur um den Freihandel an sich, sondern um die freie Entfaltung der Unternehmen und um möglichst gleiche – gleich niedrige – soziale Standards und soziale Strukturen (u. a. Reduktion des Einflusses der Gewerkschaften, Liberalisierung der Arbeitsmärkte, Vetorecht der USA bei sozialen und Umweltgesetzgebung). Ohne Zweifel wird dies zu einer erheblichen Schwächung der Verhandlungsmacht der arbeitenden Bevölkerung führen. Die Reorganisation der Arbeitswelt wird dann fast ausschließlich nach Zielen und Maßstäben der Unternehmen vollzogen werden. Humanisierung findet dann nur noch statt, wenn es die Produktivität erhöht.

Die Hegemonialpolitik der Großmächte USA, China, Russland ist bisher bei den Analysen der Globalisierung weitgehend unberücksichtigt geblieben. Ihre militärische Variante zeigt insbesondere im Nahen Osten inzwischen gravierende Folgen in Form der Destabilisierung der politischen Systeme und der wachsenden Flüchtlingsströme.

Globalisierung und Digitalisierung bedingen sich und verstärken sich gegenseitig. Erst die Senkung der Kommunikations- und Transportkosten hat die heutige Globalisierung ermöglicht. Zugleich hat die Globalisierung zu einem globalen Arbeitsmarkt und zu einer Zunahme des internationalen Wettbewerbs geführt. Die Hochlohnländer konnten diesem zunehmenden Wettbewerbsdruck nur mit Rationalisierungsmaßnahmen, Automation, also mit wachsender Digitalisierung sowie in Einzelfällen wie in Deutschland mit stagnierenden Löhnen begegnen. Neoliberale Wirtschaftspolitik, Druck auf die Löhne und Begünstigung der Kapitaleinkommen haben zu einer wachsenden Ungleichheit in der Einkommensverteilung geführt.

In dem Maße, in dem sich die Schwellenländer, insbesondere China, modernisieren, werden sich die Bedingungen für Arbeitnehmer und für das Arbeitsleben noch schwieriger gestalten. Weltweit wird sich der Wettbewerb auf Qualitätsprodukte und hochwertige Dienstleistungen fokussieren. Dies ist bei allen Wettbewerbern, also auch bei den Unternehmen aus Schwellenländern, nur mit entsprechendem Einsatz moderner Technologien und gut ausgebildeten Arbeitskräften zu erreichen. Hier entwickelt sich ein neuer Ansatz in den Schwellenländern, um mir erforderliche schnelle Modernisierung zu erreichen. Neue, insbesondere digitale Technologien werden schnell für Innovationen genutzt, auch wenn diese noch nicht ausgereift und kontinuierliche Verbesserungen erforderlich sind. Es werden preiswerte “ gut genug Lösungen“ entwickelt und schnell in den Markt eingeführt. Dies setzt insbesondere komplexere Technikentwicklungen in Deutschland mit längeren Innovationszeiten unter Druck. Dieses neue Innovationskonzept des schnellen Markteintritts mit“ gut genug Lösungen“ setzt insbesondere das weitverbreitete deutsche Innovationssystem unter Druck, insbesondere wenn damit auch eine verzögerte Anwendung neuer Technologien verbunden ist.

Heutige Kostenvorteile durch Niedriglöhne auch in den Niedriglohnländern gehen stark zurück. Automation und Kapitalintensivierung, der Einsatz von Robotern, wird nicht nur in der industriellen Produktion, sondern auch bei Dienstleistungen zunehmen. Die Substitution von Arbeit durch digitale Technologien wird auch hoch qualifizierte Erwerbstätige treffen, insbesondere Ältere, die nicht rechtzeitig (um) geschult wurden. Kundenintegration in die Produktion wird zu einer Verlagerung von Produktionen hin zu den Absatzmärkten führen. Die neuen, Kunden integrierenden Wertschöpfungssysteme überkompensieren den positiven Beschäftigungseffekt durch die viel stärker regional ausgerichteten hybriden Wertschöpfungssysteme. Wissensökonomie und kapitalintensive Produktion und Dienstleistungen können zu wachsende Arbeitslosigkeit einerseits und zu einer noch weiter gehenden Spaltung des Arbeitsmarktes andererseits führen. Industrie 4.0 ist kein Job-Motor. Nach Prognosen des IAB [ Industrie 4.0 und die Folgen http://doku.iab.de/forschungsbericht/2015/fb0815.pdf]

wird es zu einer erheblichen Umschichtung von Arbeitsplätzen kommen. 490.000 meist einfachen Jobs werden verloren gehen, 430.000 neue Arbeitsplätze werden allerdings auch geschaffen nach diesen Prognosen. Die Differenz von 60.000 verloren gehenden Arbeitsplätzen täuscht allerdings über das wahre Ausmaß der Freisetzungen weg. Nicht alle der 490.000 freigesetzten Arbeitskräfte werden aufgrund ihres Alters oder ihrer eingeschränkten Qualifikationsfähigkeit gleichwertige neue Arbeitsplätze finden sondern mindestens teilweise in die Dauerarbeitslosigkeit fallen. Industrie 4. 0 ist nicht der alleinige digitale Jobkiller. Hinzu kommen die Auswirkungen „smarter Technik“ und Big Data auf die Dienstleistungsberufe. Frey und Osborne nennen in ihrer Studie „The Future of Employment….“ [http://www.oxfordmartin.ox.ac.uk/downloads/academic/The_Future_of_Employment.pdf]

  • über die betroffenen Routinetätigkeiten hinaus folgende Tätigkeiten und Berufsgruppen, die von neuen Technologien betroffen sein werden.
  • Bürotätigkeiten wie zum Beispiel Buchhaltung, Rechnungswesen, Warenwirtschaft, Controlling und Marketing; Wirtschafts- und Rechtsberatung;
  • Tätigkeiten in Call Center;
  • Kontrolltätigkeiten wie z.B. Überwachung von Infrastruktureinrichtungen, Maschinenwartung und Patientenüberwachung; Überwachung sozialer Brennpunkte und von Kriminalitätsschwerpunkten;
  • diagnostische Tätigkeiten in der Medizin; robotergestützte Operationen;
  • Management logistischer Ketten und automatisierte Transportsysteme;
  • Tätigkeiten im Facility Management und bei Haushaltsdienstleistungen;

Auch hier wird es eine Vielzahl neuer Tätigkeiten geben bei gleichzeitiger erheblicher Umschichtung und Freisetzung älterer und weniger quantifizierbarer Beschäftigter.

Industrie 4. 0 und Big Data werden also unter dem Strich die Arbeitslosigkeit erhöhen und zwar insbesondere für ältere und wenig qualifizierte Arbeitnehmer.

Dies gilt allerdings nur, wenn ausschließlich der Zusammenhang von neuer Phase der Globalisierung und wachsender Digitalisierung bzw. wachsendem Technikeinsatz (Wissens – Ökonomie) berücksichtigt wird. Zusätzlich ist jedoch zu berücksichtigen:

  • der zukünftige Strukturwandel in der deutschen Wirtschaft;
  • die Auswirkungen einer Entwicklung hin zu einer nachhaltigen Wirtschafts- und Gesellschaftsform als Antwort auf Klimawandel und Ressourcenknappheit;
  • Veränderungen der Gesellschaftsstruktur und Wertewandel.

Spätestens seit der Jahrtausendwende droht der deutschen Wirtschaft die „Commodity – Falle“. Viele Produkte und Systemleistungen haben einen hohen Reifegrad erreicht, der Wissens – Vorsprung gegenüber den Wettbewerbern vor allem in Asien schrumpft. Betroffen sind fast alle Branchen, Automobilzulieferer, Logistikunternehmen, Finanzdienstleister, IT – Firmen und Pharmakonzerne. Rationalisierung, Kostensenkung und Produktivitätssteigerungen in etablierten Geschäftskonzepten reicht für die Zukunft nicht aus. Es müssen innovativ neue Geschäftskonzepte geschaffen und neue Märkte erschlossen werden. Die heutige extrem exportorientierte Wirtschaftsstruktur Deutschlands wird sich in dieser Form in einer globalisierten Wissensökonomie nicht aufrechterhalten lassen. Die tragenden Säulen des deutschen Exports, dass Automobil mit Verbrennungsmotor, Spezialmaschinenbau, Spezialchemie werden mit einem weltweiten Wandel der Nachfrage konfrontiert werden. In den Schwellenländern wird in wenigen Jahren der Hauptteil der Bevölkerung in Megastädten leben. Das heutige Automobil ist als Massenverkehrsmittel für diese Megastädte untauglich. Es werden sich ganz neue Verkehrs – und Transportsysteme entwickeln. Dasselbe gilt für Energieversorgung, Abfallwirtschaft, Wasserversorgung, Lebensmittelversorgung. Auf diese neuen Nachfragestrukturen ist die deutsche Wirtschaft noch nicht eingerichtet. Schon heute müsste eine Innovationsoffensive “ nachhaltige Wirtschaft und Gesellschaft“ weit über den Rahmen der bisherigen projektorientierten Forschungspolitik hinaus gestartet werden. Um in den neuen Feldern der Wissensökonomie und der Digitalisierung sowie im Bereich nachhaltige Ökonomie wettbewerbsfähig zu werden, genügt es nicht, sich nur mit Spezialprodukten als Zulieferer in globale Wertschöpfungssysteme einzugliedern, sondern in Schlüsselbereichen müssen Unternehmen zu “global playern“ werden. Hier weist Deutschland erhebliche Defizite auf, wie es sich z.B. im Verhältnis zu den US Firmen wie Google und Amazon zeigt. Je mehr aber die deutsche Wirtschaft zu einem Zulieferer von hochwertigen Spezialitäten in internationalen Wertschöpfungssystemen wird, wird auch die Gestaltung des Arbeitslebens von den neuen internationalen Wertschöpfungssystemen und Organisationsformen abhängen und weit weniger autonom gestaltet werden können.

Globalisierung und Digitalisierung werden tendenziell zu Freisetzungen weniger qualifizierter Arbeitskräfte und von Arbeitskräften mit Qualifikationsverlust sowie zu einer Spaltung des Arbeitsmarktes führen. Hoch bezahlte Arbeitsplätze mit hohen Qualifikationsanforderungen weisen ganz andere Probleme der Gestaltung der Arbeit auf als die prekären Beschäftigungsverhältnisse. Letztere umfassen auch Arbeitskräfte mit hohen Qualifikationen, aber eingeschränkter Verhandlungsmacht für Arbeitsbedingungen und Lohnhöhe.

Diese generelle Perspektive als Ergebnis vieler Untersuchungen zur digitalen Wirtschaft umfasst nur einen Teilbereich der zukünftigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung. Sie kann sich durch Auswirkungen folgende Entwicklungen wesentlich verändern.

Wie dargestellt werden die Schwellenländer in den nächsten 5 Jahren mit einem Umbau und Ausbau (Modernisierung) ihre internen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen beschäftigt sein. Daraus ergibt sich auch ein erheblicher Anpassungsbedarf der deutschen Exportwirtschaft mit zunächst wesentlich geringeren Zuwachsraten als in der Vergangenheit. Die dämpfenden Effekte eines geringeren weltwirtschaftlichen Wachstums werden auch die anderen europäischen Länder treffen und insofern ist die Gefahr weiter steigender Arbeitslosigkeit gegeben. Weiterhin hohe Flüchtlingszahlen werden diese Gefahr noch weiter verstärken. Entsprechende Programme für die Sanierung und den Ausbau der Infrastruktur sowie die Modernisierung der Wirtschaft die Förderung von Innovationen gibt es im Entwurf sowohl in einzelnen europäischen Ländern als auch auf europäischer Ebene. Sie werden jedoch zur Zeit nicht umgesetzt. Die Entwicklung des Arbeitsmarktes und die Entwicklung des Arbeitslebens in Deutschland und Europa werden maßgeblich davon abhängen, ob es hier zu einem “ new deal“ kommt. Diese Modernisierungsprogramme, die auch in hohem Maße die Entwicklung und Verstärkung gesellschaftlich notwendiger Dienstleistungen umfasst, sind nur mit einer neuen Verteilung von Kompetenzen und Finanzen zwischen Privatwirtschaft und öffentlicher Hand sowie zwischen Markt und Gemeinwirtschaft zu realisieren. Auch die heutigen Machtstrukturen in Wirtschaft und Gesellschaft werden dadurch maßgeblich verändert. Ein augenfälliges Beispiel ist der Umbau der Energiewirtschaft, der zu neuen Akteuren und zu einem Macht – und Bedeutungsverlust der alten Monopole führt. Diese Entwicklung wird sich noch außerordentlich verstärken, wenn Wirtschaft und Gesellschaft nach Nachhaltigkeitskriterien umstrukturiert werden. Diese Entwicklung schreitet nur langsam voran, weil er damit fundamentalen Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft verbunden sind. Die ökologische Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft erfordert grundlegend neue innovative Konzepte, Technologien und Geschäftsmodelle sowie enorme Investitionen. Diese Investitionen können nur im Zusammenspiel von Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft geleistet werden. Das heutige neoliberale Wirtschaftsmodell muss sich zu einem gemischt wirtschaftlichen Modell wandeln. Es ist zurzeit nicht zu prognostizieren, wie schnell diese Entwicklung voranschreiten wird. Für den Zeitraum der kommenden 15 Jahre wird es maßgeblich davon abhängen, welche gesellschaftlichen Wertvorstellungen sich entwickeln und wie diese in politische Entscheidungen zur Marktsteuerung und für den strukturellen Umbau umgesetzt werden. Der Markt allein wird einen ökologischen Umbau nicht herbeiführen. Eine Gesellschaft exzessiven Konsums und exzessiver Abfallproduktion ist definitiv nicht nachhaltig. Der Weg weg von billigen Wegwerf- Produkten zum Beispiel bei Kleidung und Hausrat, Reparaturökonomie statt geplanter Verschleiß, Umbau der industrialisierter Landwirtschaft und der damit verbundenen Lebensmittelproduktion, präventiver Gesundheitsschutz statt Krankheitsversorgung braucht eine entsprechende staatliche Politik und Initiativen aus der Zivilgesellschaft. Von diesem Wertewandel hängt aber auch maßgeblich ab, orientierte welche Anforderungen die Arbeitskräfte an die Arbeitswelt stellen. Dieser ökologisch Modernisierungs- und Innovationsprozess erfordert neue Arbeits- und Organisationsstrukturen sowie eine neue berufliche Ausbildungskonzepte. Dazu gehört auch die Gestaltung des Übergangsprozesses hin zu einer umweltgerechten Wirtschaftsform.

Verstärkung nachhaltigen Wirtschaftens in den nächsten 25 Jahren und der gesellschaftlichen Wertewandel – eine zunehmend multiethnischen, multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft – sind bei den bisherigen Analysen und Konzepten der Sicherung der Beschäftigung und einer humanen Gestaltung des Arbeitslebens nur unzureichend berücksichtigt. Selbst die Konsequenzen der zukünftigen Dominanz hybride Wertschöpfungssysteme auf Unternehmen, Organisationen, Branchen, Interessenvertretungen und vor allen Dingen auch Arbeitsgestaltung und Arbeitsorganisation sind erst in Ansätzen in Wissenschaft und Praxis bewusst geworden. Die Entwicklung neuer Geschäftskonzepte und damit neuer Arbeitsplätze in diesem außerordentlich weit gespannten Feld des vernetzten, wissensbasierten, nachhaltigen Wirtschaftens und der neuen Konsum – und Lebensformen kann hier ein erfolgversprechender erster Ansatz sein, die Gestaltung entsprechender Arbeitsplätze zu integrieren.

Arbeitsforschung bleibt zwar ein zentraler Bereich für neue humane Konzepte zur Gestaltung des Arbeitslebens, sie muss aber Bestandteil werden von ganzheitlichen Konzepten, die alle Faktoren – globalen Wettbewerb, Technologie, Ökologie, Demografie und Gesellschaft , – in die Entwicklung neuer Arbeitskonzepte als Bestandteil neue Geschäftskonzepte einbeziehen.

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