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Ambulante Pflege flexibel gestalten und vernetzen
Interview mit Christiane Caspari, Leitung Pflegedienst
Stiftmobil – Ambulante Pflege und Gesundheitsberatung
Eine flexible Gestaltung der Unterstützung häuslich Pflegender durch ambulante Pflegedienste ist für die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege unerlässlich. Flexibilität ist das erforderliche Gegenstück zur pflegefreundlichen und flexiblen Gestaltung von beruflichen Arbeitszeiten und-Inhalten. Diese notwendige Verknüpfung ist auf der Fachtagung „Vereinbarkeit von Beruf und Pflege“ in Loccum sehr deutlich geworden. Die dazu erforderliche agile Gestaltung ambulanter Pflegedienstleistungen ist möglich. Dies hat Christiane Caspari, Leitung Pflegedienst Stiftmobil-ambulante Pflege und Gesundheitsberatung in ihrem Vortrag in Loccum eindrucksvoll dargestellt. Zur Vertiefung der vielen planerischen, organisatorischen und personalpolitischen Fragen in diesem Zusammenhang haben die Redakteure von HGALeV, Claudius Riegler und Gerhard Finking mit Christiane Caspari ausführlich über ihr Konzept gesprochen.
HGAL-Redaktion:
Frau Caspari, in Ihrem Vortrag mit dem Titel “Unterstützung in der Pflege durch höhere Flexibilität von Pflegediensten“ zur Fachtagung „Vereinbarkeit von Beruf und Pflege“ haben Sie sehr nachdrücklich darauf hingewiesen, dass für die häusliche Pflege, insbesondere bei Berufstätigkeit der Pflegenden, ambulante Pflegedienste wesentlich flexibler ausgerichtet werden müssen als bisher. Die Realität sieht jedoch in den meisten Fällen ganz anders aus. Pflegezeiten sind starr eingetaktet, und bei steigendem Pflegebedarf droht oft die Kündigung durch den Pflegedienst. Umso bemerkenswerter fanden wir Ihre Darstellung am Beispiel Ihres Pflegedienstes, dass eine beträchtlich höhere Flexibilität möglich und realisierbar ist, auch unter den gegebenen Rahmenbedingungen.
Angesichts der doppelten Herausforderung von Fachkräftemangel auf der einen und Mangel an Pflegekräften auf der anderen Seite ist es wichtig, dass man darüber spricht. Deshalb möchten wir mit Ihnen dieses Interview durchführen und veröffentlichen, damit sich mehr Leute mit dem Thema „Flexible Pflegedienste“ beschäftigen. Sie haben gezeigt, es geht.
Caspari:
Es ist nur viel Arbeit.
HGAL:
Wir haben Ihnen einen kleinen Leitfaden für unser Interview geschickt mit Fragen, die wir gerne mit Ihnen besprechen möchten. Vielleicht fangen wir gleich mit der ersten Frage an: Wie haben Sie es geschafft, unter den gegebenen Bedingungen Ihr flexibles Leistungsangebot aufzuziehen?
Caspari:
Also, unseren Pflegedienst gibt es schon seit über 20 Jahren. Ich bin seit sieben Jahren hier. Ich habe schon in mehreren Pflegediensten gearbeitet und verschiedene Möglichkeiten kennengelernt und beschlossen, ich will flexibel sein. Zum Glück gilt das für meine Kolleginnen in gleichem Maße. Und es war uns klar, wenn wir das nicht anbieten, wird es keiner nutzen, aber wenn wir es anbieten, dann werden wir sehen was passiert. Unser Konzept ist aus dem Grundsatz entstanden, dass uns die Versorgung der Patienten so wichtig ist. Wenn ich einen ersten Besuch bei einem Patienten mache, sage ich gleich, jetzt haben Sie einen Pflegedienst und wenn irgendwas ist, rufen Sie an. Egal ist, ob es samstags ist, ob Sie Pflege brauchen, oder wenn Sie was geschickt bekamen, mit dem Sie nichts anfangen können.
Unser flexibles Konzept war nicht geplant, und den Pflegedienst selbst, den gab's ja schon. Wir sind bei den Mittel-Rhein-Kliniken angesiedelt und der einzige Pflegedienst, den sie haben. Die Geschäftsführung gibt uns verhältnismäßig viel freie Hand. Solange die Zahlen stimmen - was sie im Moment nicht tun -, solange die Zahlen stimmen, dürfen wir tun was wir wollen, und es redet uns auch niemand rein. Wir sind inzwischen sehr bekannt in Koblenz, eine Stadt, in der es Pflegedienste von Caritas und Diakonie gibt, und wir sind die größten, normalerweise sind Caritas und Diakonie die größten. Das ergibt sich daraus, dass die Leute wissen, da kann ich anrufen, die helfen uns. Wir installieren schon einmal Glühlampen, reparieren die Fernbedienung oder wechseln Hörgerätebatterien aus, und das wird auch entsprechend abgerechnet. Wir versuchen, ungefähr einen Euro pro Minute zu erwirtschaften, dann tragen wir uns. Das Problem besteht allerdings darin, dass die Leistungen der Pflegekassen nicht im selben Maße gestiegen sind wie unsere Preise. Die Entlastungsleistungen, die inzwischen die wichtigste Kategorie darstellen, sind bisher noch nie gestiegen. Diese Leistungen bekommt jeder, der einen Pflegegrad hat. Der Preis von 125 € ist immer noch der gleiche. Zwar sind die Pflegesachleistungen in den vergangenen Jahren gestiegen, aber sie sind für Pflegegrad zwei und drei völlig unzureichend. Pflegegrad zwei ist zu knapp, jedenfalls um jemanden morgens und abends zu versorgen. Wenn zwingend morgens und abends Hilfe benötigt wird, muss man auf Pflegegrad drei aufstocken .Auch das ist unsere Aufgabe, die Pflegebedürftigen zu beraten und dabei zu unterstützen, bei Bedarf einen höheren Pflegegrad zu beantragen.
HGAL:
Viele Pflegedienste machen das nach einem ganz starren Schema, dann kommen sie um 16 Uhr, aber nicht mehr um 18 Uhr.
Caspari:
Mit den Zeiten ist das immer so eine Sache. Ich habe kürzlich von einem Fall gehört, da hat eine ältere Dame Pflegegrad vier beantragt und das dem Pflegedienst mitgeteilt, worauf sie kurze Zeit später die Kündigung bekommen hat mit der Bemerkung: „Das machen wir nicht“.
HGAL:
Kann man einen Pflegevertrag nicht kündigen?
Caspari:
Ja natürlich, aber nicht von einem Tag auf den anderen. Da muss es schon einen extremen Grund geben, zum Beispiel wenn ein Klient meinen Mitarbeiter sexuell belästigt oder beschimpft, wenn also das Vertrauensverhältnis zerstört ist. Dann sagen wir ihm, so geht das nicht. Ab morgen kommen wir nicht mehr. Normal steht in unserem Pflegevertrag, dass wir zwei Wochen Kündigungsfrist haben. In Einzelfällen gehen wir aber auch schon mal auf vier Wochen, weil es halt schwierig ist einen neuen zu finden.Bei Pflegegradeinstufungen sprechen wir in kritischen Fällen auch mit dem medizinischen Dienst. Die endgültige Entscheidung trifft zwar die Pflegekasse, wir raten aber unsere Klienten, gegebenenfalls Widerspruch einzulegen. Das Problem ist, dass die Generation, die jetzt zum Pflegefall wird, meist über 80-Jährige sind, die niemandem zur Last fallen wollen. Die wollen nichts haben, was sie meinen, dass es ihnen nicht zusteht. Hier zu erklären, was einem überhaupt zusteht, ist manchmal arbeitsaufwändiger, als es nachher durchzusetzen.
HGAL:
Der Leistungskatalog ist auch sehr unübersichtlich. Wenn man sich zum ersten Mal damit beschäftigt, fragt man sich, wie komme ich damit zurecht und wie kann ich das auch durchsetzen. Wie haben Sie das geschafft, die verschiedenen Leistungen der Pflegeversicherung klientengerecht zu kombinieren?
Caspari:
Der erste Punkt ist ja immer: Was braucht der Patient und wer erbringt welche Leistungen? Kombinieren kann ich auch die Leistungen mit Essen auf Rädern. Wenn ich weiß, da kommt jemand mit Essen auf Rädern mittags, da ist mittags auch noch ein Betreuer anwesend, und dann rufe ich bei dem Dienst an und wir kombinieren unsere Leistungen. Und wenn dann der Essens-Lieferant uns mitteilt, der Klient war heute Mittag ganz komisch, dann fahren wir nochmal hin. Bei der Vielzahl verschiedener Leistungselemente kommen wir oft mit der Finanzierung in Probleme, weil andere Leistungsträger eben auch Einzelleistungen kombinieren und abrechnen und dann für uns nichts mehr übrigbleibt. Deshalb sind wir jetzt dazu übergegangen, Entlastungsleistungen von den Klienten in Vorkasse abzurechnen. Oft wissen unsere Klienten nicht, von welchen Leistungserbringern welche Pflegeleistungen abrechnet werden, und wir sind dann als letzte in der Kette die Dummen. Wir machen mit den Pflegenden zusammen einen Kostenvoranschlag mit Leistungserstellungsplan und erstellen ein Budget.
HGAL:
Aber die Pflegenden bzw. die Pflegepersonen müssen doch eigentlich auch von dieser Vielzahl von Leistungen und Abrechnungen belastet sein. Geben Sie da Unterstützung?
Caspari:
Die bekommen von uns einen Kostenvoranschlag. Wenn die mir sagen, mein Vater oder meine Mutter ist in der Tagespflege, dann frage ich immer, haben Sie einen Kostenvoranschlag?. Ich sage den Angehörigen, rufen Sie bei der Kasse an und fragen Sie, wie hoch das Budget ist, und dann bei der Tagesstätte, was rechnen die alles ab. Darauf verlasse ich mich dann. Ein Problem war, ich habe mich vielleicht zu sehr darauf verlassen, sodass es jetzt zu dieser Änderung kommt, dass wir Vorauszahlung verlangen. Es ist natürlich auch so, dass bei den vielen Einzelleistungen kein normaler Mensch mehr durchsteigt. Die einen sagen Betreuungsleistungen, die anderen sagen Entlastungsleistung. Wir sagen immer Entlastungsleistung zu diesen 125 €, weil es ja dafür da ist, die Angehörigen zu entlasten. In der Tagesstätte sagen sie Betreuungsleistungen, weil es benutzt wird, um die Klienten zu betreuen. Für die Angehörigen und die Klienten sind das zwei unterschiedliche Gelder, in der Abrechnung ist es aber dasselbe. Die Angehörigen müssen halt dafür sorgen, dass ich immer die entsprechenden Informationen habe, damit ich einen Versorgungsplan aufstellen kann. Dann erweitere ich den auch noch mal ganz gerne vor Ort mit den Patienten, um sagen zu können, das können wir machen, jenes nicht. Natürlich können wir alles machen, wenn die Klienten bereit sind, das Geld zu bezahlen. Und wenn sie das nicht können oder wollen, dann fummeln wir halt so lange rum, bis wir eine Lösung für eine sachgerechte Versorgung finden.
HGAL:
Sie stellen also ein Budget auf und einen Kostenvoranschlag.
Caspari:
Für jede Leistung, die ich in der Pflege benutze, gibt es einen einzelnen Kostenvoranschlag mit einer Leistungsvereinbarung, in der festgehalten wird, wann welche Leistungen aus den einzelnen Kategorien wie zum Beispiel Verhinderungspflege erbracht werden. Schwierig wird es, wenn die Krankenkassen verlangen, dass Leistungen, die zusammen erbracht werden können, auch zusammen erbracht werden. Ich kann also nicht morgens kommen, um zu waschen, und mittags, um eine Spritze zu geben. Die Krankenkasse und die Pflegekasse können also sehr wohl Einfluss darauf nehmen, wann welche Leistungen erbracht werden müssen.
HGAL:
Der Kostenvoranschlag ist per Monat oder wie ist das geregelt?
Caspari:
Im Regelfall ist das immer der nächste vollständige Monat; in Einzelfällen kann auch die Abrechnung in kürzeren Zeiträumen erfolgen, insbesondere wenn unterschiedliche Kassenleistungen in Anspruch genommen werden.
HGAL:
In welchem Umfang nehmen Sie nicht nur auf die Bereitstellung von Pflegeleistungen Einfluss, sondern beraten Sie Ihre Klienten auch darüber, welche Leistungen sie in Anspruch nehmen sollen?
Caspari:
Natürlich alles. Es gibt ja die ganz große Pflegeberatung, das mache ich nicht, ich berate nach § 37 Abs. 3, das sind die Beratungen, wenn jemand einen Pflegegrad hat und Geldleistungen ausschließlich in Anspruch nimmt. Dann mache ich die Beratungen. Oder wenn mich jemand anruft und sagt, ich bin jetzt neu mit einem Pflegegrad, dann fahre ich da hin und stelle erst mal vor, was es überhaupt gibt. Was man wirklich mit dem Geld machen kann, das wissen die Leute ja nicht, und dafür bin ich dann da zu sagen, welche Leistungen wir erbringen können. Und hier wird auch berücksichtigt, was können die Angehörigen an Pflegeleistungen erbringen und was nicht. Früher waren wir eher geneigt, den Angehörigen alles abzunehmen. Heute, angesichts der knappen Budgets, bin ich eher geneigt zu fragen, was können sie, die Angehörigen, denn noch an Pflegeleistungen erbringen. Heute haben wir oft Fälle, wo beide Ehepartner einen Pflegegrad haben. Dann können wir versuchen, Leistungen zu kombinieren. Wenn jemand Haushaltshilfe oder Betreuung braucht, dann betreue nicht nur den einen, sondern auch den anderen mit. Ein Beispiel wäre, wenn wir einen Klienten haben, der unbedingt abends duschen möchte, wir das aber abends gar nicht leisten können oder das den Rahmen der Pflegesachleistungen sprengen würde. Dann kann der Angehörige zum Beispiel an einem Tag einspringen. Wir können dann diese Leistung aus dem Budget herausnehmen. Früher ging das nicht, da konnte man nicht tagesindividuell planen. Nun ist es so, dass unsere Klienten daran gewöhnt sind, dass wir tagesindividuell planen können. Sie rufen uns dann an und sagen: „Können Sie nicht um zehn statt um zwölf kommen?“
HGAL:
Haben Sie auch Pflegende, die berufstätig sind?
Caspari:
Ja, ohne Ende.
HGAL:
Und können Sie Pflegeleistungen dann flexibel mit den beruflichen Anforderungen abstimmen?
Caspari:
Ja das geht gut. Eine gewisse Absprache muss allerdings da sein. Ich habe eine Klientin, die hat mir durchgegeben: „In dieser Woche habe ich Frühdienst, in der nächsten Woche Spätdienst.“ Sie könnte in dieser Woche ab zehn pflegen und in der nächsten Woche später. Dann fahre ich da hin und lasse mir das zeigen, und wenn es geht, dann können wir das so machen. Es ist ja nicht nur so, dass die Leute arbeiten müssen, sondern sie möchten ja auch arbeiten. Und gerade wenn sie jemanden pflegen, dann möchten sie auch mal etwas anderes sehen und machen. Mein Wunschtraum wäre, dass es auch Nachttouren gäbe, damit wir auch jemanden nachts versorgen können. Allerdings sind unsere Nachtsätze höher, die Pflegesätze aber nicht. Ein Nachtdienst lässt sich so nicht finanzieren. Die Nachttarife für die Pflegekräfte sind deutlich höher.
HGAL:
Bei der Loccumer Tagung war eine große Frage, wie flexibel die Arbeitgeber, die Unternehmen also, sind, sich an Bedarf und Zeiten in der Pflege anzupassen und nicht nur starre Vorgaben bezüglich Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen zu machen.
Caspari:
Meinem Empfinden nach wird das jetzt aber besser, das war früher schlimmer. Allein durch den Fachkräftemangel sind die Unternehmen gezwungen, sich anzupassen, sonst haben die bald überhaupt niemanden mehr, der arbeiten möchte. Wir sind selber Arbeitgeber und wir sind ja ein buntgemischtes Völkchen. Aber das ist unser Prinzip, dass wir für jeden Mitarbeiter den Job finden, den er gerade braucht, um z.B. sein Baby zu versorgen oder auch größere Kinder zu betreuen. Bei uns sind es halt die Mütter, die auf Flexibilität angewiesen sind. Wir haben auch Mitarbeiter, die Angehörige pflegen, und das habe ich ja schon in Loccum gesagt, wenn ich für meine Klienten flexibel sein will, dann muss ich auch für meine Mitarbeiter flexibel sein, sonst tragen die das nämlich nicht mit. Wenn Mitarbeiter kurzfristig verhindert sind aufgrund ihrer Pflegeleistungen, dann kommen sie hier hin, legen ihre Sachen ab, und ich kümmere mich dann um die Leistungen für die Klienten. Ich habe selbst drei Kinder, und meine Arbeitgeber waren nie flexibel. Ich hatte aber ein großes Netzwerk vor Ort. Das gibt es aber heute gar nicht mehr. Ich habe eine Mitarbeiterin, die hat hier vor Ort keinen einzigen Verwandten. Was wir machen können und auch schon praktizieren, die Mitarbeiterin holt ihr Kind aus dem Kindergarten ab und parkt es hier im Büro und fährt dann ihre Tour weiter. So habe ich also schon mal Kinder hier und muss auf sie aufpassen. Diese Flexibilität werden die Firmen immer mehr ausbauen müssen, weil sie sonst niemanden mehr haben, der bei ihnen arbeitet. Warum ist in einem Altenheim um 6 Uhr Schichtwechsel? Es gibt keinen Grund. Es könnte auch um 8 sein. Es gibt viele viele Mütter, die dort arbeiten möchten, sie können aber nicht um sechs, weil sie erst ihr Kind in die Kita oder in die Schule bringen müssen. Deshalb kommen sie zu mir, ich habe nämlich kein Arbeitskräfteproblem. Ich habe mehrere Müttertouren, Mütter, die halt so für Pflegeleistungen fahren wie sie können. Und es ist natürlich klar, dass dies ein Risiko für mich ist, wenn man viele Mütter hat. Wenn man Pech hat und es grassiert gerade eine Kinderkrankheit, dann fallen halt viele auf einmal aus. Dann ist es halt so. Das kann mir aber auch in der Firma passieren, wo die Leute am Fließband stehen. Dort kommen dann die Mamas auch nicht. Hier ist es so, die Mitarbeiter wissen, ich tue alles, damit sie arbeiten gehen können. Das bedingt andersherum, dass die Mitarbeiter alles tun, damit der Betrieb läuft. Wenn ich dann eine WhatsApp bekomme: „Ich kann nicht um 6 Uhr, aber um 8 Uhr kann ich“, dann läuft der Betrieb doch. Ich kenne alle Mitarbeiter, weiß, wann die Kinder Geburtstag haben. Dann gebe ich der Mama keinen Spätdienst an diesem Tag. Meine Mitarbeiter melden mir, wann sie können und wann nicht, wann Sie also ausfallen. Und wenn ein Mitarbeiter jede Woche zum Zahnarzt muss, dann weiß ich, dass irgendwann eine Zahn-OP fällig ist, und dann fällt er für eine Woche aus. Dann weiß ich das, kann mich darauf vorbereiten und Ersatz finden.
HGAL:
Haben Sie so etwas wie eine vorausschauende Personalplanung? Unser Leistungsangebot muss so und so gesteigert werden und dafür brauche ich mehr Leute. Für bestimmte Zwecke und bestimmte Zeiten.
Caspari:
Bestimmte Zwecke und bestimmte Zeiten nicht. Wir nehmen was wir bekommen können. Aber im Stellenplan wird am Ende des Jahres für das kommende Jahr schon geplant ob der Bedarf steigt, wir mehr Personal einstellen und dann auch mehr Klienten annehmen können. Ich bin jetzt allmählich an der Grenze, wo ich sagen kann, ich kann die Klienten alle noch persönlich zuordnen. Wenn ich diese Mitarbeiterzahl überschreite, dann stellt sich die Frage, ob ich dann noch so individuell sein kann wie ich möchte. Es wird dann zu viel, und dann verliert man die Übersicht. Wenn hier jemand anruft, von dem ich überhaupt nicht weiß wer das ist, dann möchte ich das nicht.
HGAL:
Wie gehen Sie vor, wenn der Bedarf bei den einzelnen Klienten steigt, also z.B. der Pflegegrad erhöht werden muss?
Caspari:
Normalerweise erfahre ich das von den Mitarbeitern sehr frühzeitig. In Fällen wie beispielsweise wenn ein Familienangehöriger mich anruft, ich habe einen Hexenschuss, dann ist das eher ein plötzlicher Bedarf, nicht weil die Pflege zunimmt, sondern weil der Angehörige ausfällt. Wir haben einen digitalisierten Pflegeplan, und ein großer zusätzlicher Vorteil ist, dass mich die Mitarbeiter täglich persönlich sehen. Und dann kann man über bestimmte Klienten reden. Und wenn dann das Leistungsangebot nicht ausreicht, dann kann man sehen, was man machen kann im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten. Wenn das nicht reicht, dann mach ich einen Termin mit den Angehörigen, und dann planen wir zusammen die Angehörigenpflege neu. Ich nehme dann meist die Pflegeanträge schon mit, insbesondere die Verhinderungspflege verschicke ich oft selbst mit der Post, weil ich dann weiß, dass sie unterwegs sind.
HGAL:
Sie achten auch darauf, dass die Leistungsfähigkeit der pflegenden Familienangehörigen auch einigermaßen eingehalten wird?
Caspari:
Ja natürlich, bei Aufnahmegesprächen und auch bei Beratungsgesprächen ist die Belastung der Pflegenden auch immer ein Thema. Was können sie tun, was sollten sie besser nicht tun, weil das zum Beispiel an die physischen Grenzen des oder der Pflegenden geht. Das kann dann der Pflegedienst übernehmen. Es ist auch möglich über die Pflegekasse Schulungen vor Ort zu machen, den Pflegenden zu zeigen, wie man unter den häuslichen Beschränkungen zum Beispiel jemanden aus dem Bett holen oder auch umlagern kann.
HGAL:
Sprechen sie bei der Gelegenheit dann auch ab, welche Leistungen die Angehörigen erbringen und welche Leistungen der Pflegedienst erbringt?
Caspari:
Da ich jeden Klienten und Pflegefall noch persönlich kenne, ist auch die Hemmschwelle nicht hoch, mir zu sagen, das kann ich oder das kann ich nicht mehr. Ich weiß meist über die Angehörigen so viel, dass ich merke, wenn die total gestresst sind. Wir kommen, aber wir gehen auch wieder, die Angehörigen sind immer da. Das ist für die eine ganz andere Situation. Das bringt mich wieder auf das Thema Nachtpflege, in vielen Fällen muss ja die Pflegepersonen 24 Stunden betreut werden, dass kann ein Angehöriger auf die Dauer nicht leisten. Wir versuchen aber, wenn ein Klient anruft und sagt, ich brauche mehr Hilfe, ihm auch diese Hilfe zu geben. Ich versuche das dann durch Umschichtungen im Personaleinsatz aufzufangen. Wenn beispielsweise an einer Stelle Leistungen nicht mehr erbracht werden müssen, diese Zeit dann für solche Fälle einzusetzen. Wir kommunizieren ja mit den Mitarbeitern auch über das Übergabebuch, und da steht dann morgens drin, es gibt einen neuen Patienten und ich mach mich jetzt auf den Weg und fahre da hin. Vieles an der Feinplanung übernehmen die Mitarbeiter selbst, indem sie sich untereinander abstimmen. Das war besonders wichtig in der Coronazeit, in der ja nicht nur die Patienten, sondern auch wir Krankheitsfälle hatten. Hier haben sich dann zum Beispiel die Mitarbeiter abgestimmt, bei welchen Klienten Leistungen nicht unbedingt an dem einen Tag erbracht werden müssen, sondern auch noch verschoben werden können. Durch diese Verschiebungen konnten Touren reduziert werden, und das hat den Mitarbeitern sehr gefallen.
Dann wurden sehr schnell Informationen ausgetauscht, bei welchen Klienten die Angehörigen zusätzliche Leistungen übernehmen und insofern dann auch Touren neu aufgeteilt werden konnten.
HGAL:
Während der Schneekatastrophe im Januar haben Sie dann auch eine Neuaufteilung vornehmen können?
Caspari:
Das haben in diesem Falle die Mitarbeiter selbst gemacht, sie sind es gewohnt, mit solchen Situationen auch selbst zurechtzukommen. Es gibt aber auch Klienten, die schätzen uns so, dass sie in solchen Fällen anrufen und sagen, ich kann auch heute alleine zurecht kommen, ihr müsst nicht kommen.
Ich habe Mitarbeiter, die haben bei großen Pflegediensten gearbeitet und die sagen mir, ich habe die Pflegedienstleitung nur einmal beim Einstellungsgespräch gesehen und sonst nie wieder. In solchen Fällen kann sich kein enges Arbeitsverhältnis zwischen Pflegedienstleitung und Mitarbeitern entwickeln. Die Mitarbeiter könnten sich nicht so gut selbst organisieren, wenn sie sich nicht untereinander auch gut kennen würden. Und in solchen Fällen kann dann auch mal angerufen werden, um eine Kollegin oder einen Kollegen zu fragen, ob er nicht ein oder 2 Stunden eher kommen kann.
HGAL:
Welche Bedeutung haben die Hilfsdienste für Begleitung, Betreuung, Haushalt? Können Sie diese Hilfsdienste im Rahmen ihrer Pflegetätigkeit einsetzen?
Caspari:
Das muss ich. Wir haben einen eigenen Bereich, das Team der Alltagshilfe, das all diese Dinge abdeckt. Das ist ein eigenständiges Team und wir stehen in ständigem Kontakt. Wenn ich dort anrufe und sage, ich habe eine Klientin, die braucht jetzt sofort Hilfe. Die hat einen Arzttermin, da muss unbedingt hingefahren werden, dann regelt das unser Team Altershilfe. Aber auch hier bemühen wir uns, so flexibel wie möglich zu sein. Bei Betreuung und Begleitung springen auch meine Mitarbeiter gegebenenfalls ein. Ich habe einen Mitarbeiter mit geringfügiger Beschäftigung, der übernimmt solche Aufgaben wie zum Beispiel Rezepte oder Arzneien abholen. Und der fährt auch mal jemanden zum Arzt oder geht einkaufen.
HGAL:
Haben sie auch eine 24-Stunden-Betreuung, die also für kurze Zeit, ein zwei Tage, eingesetzt werden könnte?
Caspari:
Sowas haben wir nicht. Wir haben Dienste, die wir dann schon mal anrufen, aber die sind meistens unflexibler als wir. Die brauchen zwei Wochen Vorlauf. Was wir machen können ist, wenn wir jemanden haben, der zweimal täglich betreut werden muss, dass wir in solchen Fällen viermal täglich hinfahren. Bei schwerer Demenz zum Beispiel geht das nicht. Was ich dann mache, ist, dass ich bei den Krankenhäusern, die zu unserem Verbund gehören, anrufe und frage „ihr habt doch eine Geriatrie, kann ich nicht jemanden für zwei Tage dort unterbringen“. Aber auch das ist schwierig, weil die meistens komplett ausgebucht sind. Bis vor kurzem hatten wir noch ein Krankenhaus hier, das Kurzzeitpflege angeboten hat. Das ist jetzt überraschend geschlossen worden. Alle Mitarbeiter wurden entlassen. Das war der Hammer. 300 arbeitslose Pflegekräfte haben wir jetzt hier. Denn die haben auch Kurzzeitpflege auf Station gemacht. Da konnte man immer anrufen und versuchen, jemanden unterzubringen.
HGAL:
Die Hilfsdienste, könnte man die auch noch einsetzen zum Beispiel für die Verabreichung von Medikamenten?
Caspari:
Nein das geht nicht. Das sind alles Leistungen, die examiniertes Personal machen muss. Hilfsdienste können nur die Tätigkeiten ausüben, für die sie geschult sind. Wir haben in unserem Team Mitarbeiter, die in Demenzbetreuung geschult sind, und Haushaltskräfte, die hauptsächlich putzen. Dann gibt es in jedem Pflegedienst noch Pflegeassistenten, die aber nur Körperpflege machen dürfen. Die dürfen keinerlei behandlungstechnische Tätigkeiten ausüben. Meine Mitarbeiter dürfen keine Tabletten verabreichen, aber der Nachbar, der darf das. Die Pflegekassen schieben solche Leistungen vom Pflegedienst auf Familienmitglieder oder Nachbarn, weil diese Leistungen nichts kosten. Ich darf keinen Mitarbeiter hinschicken, der einjährig examiniert ist, um Tabletten zu verteilen. Aber die Nachbarin, die eventuell nur unvollständig Deutsch spricht, die darf das.
HGAL:
Das ist das Widersinnige am deutschen Pflegesystem, dass wir unprofessionelle Hauptpflegekräfte haben, nämlich meist die Familienangehörigen, und die zusätzlichen Leistungen durch die professionellen Pflegedienste erbracht werden.
Caspari:
Ja eigentlich ist es falsch rum. Das ist die Crux dabei, es wird nicht gewertet, was die Menschen machen. Wenn ich Tochter bin und soll jetzt Medikamente richten, dann muss auch ich wissen, was ich machen muss.
Ich muss mich also medizinisch selbst bilden oder mich in der Apotheke beraten lassen, aber wenn das Medikament im nächsten Jahr einen anderen Namen bekommt, dann weiß ich immer noch nicht, ob das richtig ist. Denn es gibt ja die Verträge zwischen den Lieferanten und den Kassen, und hier wird dann jedes Jahr festgelegt, welches Medikament das billigere ist, und das kann durchaus einen ganz anderen Namen haben. Ob der Wirkstoff derselbe ist, das muss man ja erst einmal herausfinden, und zwar meist im Kleingedruckten.
HGAL:
Jeder Laie ist damit überfordert.
Caspari:
Ich weise jeden Klienten darauf hin, dass er ein Recht darauf hat, dass diese Leistungen vom Pflegedienst erbracht werden. Dieses Recht muss nicht begründet werden, allein der Wille zur Inanspruchnahme reicht aus. Aber insbesondere älteren Menschen fällt es schwer, dieses Recht gegenüber der Kasse durchzusetzen.
HGAL:
Kennen Sie Notfälle, die durch falsche Medikamentengabe entstanden sind?
Caspari:
Ja wenn zum Beispiel Insulin falsch gespritzt wurde. Manche Menschen haben zwei verschiedene Sorten Insulin, eins das morgens und eins das abends gegeben wird. In einem Fall weiß ich noch ganz genau, das eine Medikament, was nachts gegeben wurde, war weiß mit lila, und das für den Tag war blau mit braun. Und nun bekamen die Klienten ein neues Medikament für den Abend, und das war blau. Und dann haben die nicht mehr gewusst, welches Medikament zu welcher Tageszeit gegeben werden sollte, und dann haben die abends das Tagesinsulin und tagsüber das Nachtinsulin gegeben. Der Pflegebedürftige kam dann ins diabetische Koma und ist dann ins Krankenhaus gekommen. Das war einer der Fälle, wo die Kasse angerufen und gesagt hat, die Medikamente für abends sind ja festgelegt, das können sie alleine. Leider Gottes gibt es für dieses Fehlverhalten der Kasse keine Beweise, sodass man sie nicht in Regress nehmen kann. Also falsche Medikamentengabe hat es immer gegeben, falsche Milligrammzahl zum Beispiel oder wenn aus Unkenntnis jeden Tag ein Notfallmedikament für die Blutsenkung genommen worden ist mit dem Ergebnis, dass dann der Kreislauf fast zusammengebrochen ist.
HGAL:
Zu unseren letzten Fragen: wie kommen Sie eigentlich mit den bestehenden Finanzierungsbedingungen zurecht? Wir hatten in unserer Gruppe eine lange Diskussion über das Burtzorg-Modell. Diese Organisation aus den Niederlanden arbeitet mit einem Pflege-Budget, das sehr flexibel für verschiedene und auch plötzlich auftretende Pflegebedarfe genutzt werden kann. In unserer Gruppe fanden viele dieses Modell auch für Deutschland sehr attraktiv. Die wenigen Modellvorhaben, die in Deutschland durchgeführt worden sind, sind aber unseres Wissens jetzt alle beendet worden aus Gründen, die wir nicht kennen. Es läuft allerdings noch eine Begleitforschung mit einer Auswertung dieses Modells durch die Universität Münster.
Caspari:
Natürlich wäre es schön, wenn wir wüssten, dass die Arbeit der pflegenden Angehörigen auch honoriert würde und ein Budget zur Verfügung stünde, auf das nur der Pflegedienst Einfluss hat. Man sähe dann auch, ob das Budget genutzt wird und wie. Im Augenblick wissen wir das nicht, weil Klienten das Pflegegeld auch benutzen, um ihre private Putzfrau zu bezahlen oder das Geld weitergeben an Familienangehörige für Besuche. Dann bleibt für den Pflegedienst natürlich nur das Nötigste übrig. Wenn es dann ein Budget gäbe mit Vorgaben, wie viel Geld für die Pflege des Pflegedienstes je nach Pflegegrad vorhanden ist und vorgehalten werden muss, kann das flexibel verwendet werden. Heute müssen die Klienten ja 6 % Anteil an den Pflegedienst zahlen. Ich versuche, die Leistungserbringung dann so zu gestalten, dass wenigstens noch Geld für die Investitionskosten für uns bleibt, so dass die Klienten nicht noch aus eigenen Mitteln zuzahlen müssen. Ein Budget zu haben, mit einer Festlegung, wie viel Geld für den Pflegedienst in jedem Pflegegrad zur Verfügung steht, das wäre schon ganz prima. Es muss aber ganz klare und strenge, insbesondere nachprüfbare gesetzliche Regelungen geben für die Mittelverwendung.
HGAL:
Sie sagten vorhin, dass die Mittel insbesondere im Pflegegrad zwei zu knapp bemessen würden. Müssen die Pflegebedürftigen dann noch mehr zuzahlen?
Caspari:
Das hängt davon ab. Wenn ein Klient mit den Mitteln im Pflegegrad nicht zurechtkommt, dann stellen wir sofort einen Antrag auf Höherstufung. Ich halte dann die Rechnung so lange zurück, bis ich das Ergebnis habe. Ich spreche aber auch mit den Leuten, was machen wir, wenn wir den höheren Pflegegrad nicht bekommen. Wenn die Pflege unverändert bleiben soll, dann müssen unsere Klienten auch einen höheren Eigenanteil zahlen. Das sind aber nach meiner Erfahrung nur wenige Fälle. Ich versuche immer, Zuzahlungen zu vermeiden.
HGAL:
Unsere letzte Frage ist eine sehr persönliche. Was würden Sie einem Nachahmer Ihres Modells empfehlen?
Caspari:
Ich habe mit meinem Mann darüber gesprochen, über die letzte Frage und ihn gefragt: „Was glaubst du, warum ich das mache?“. Seine Antwort war: „Du magst Menschen, und darum funktioniert das“. Wenn man sich für die Menschen interessiert, seien das Mitarbeiter, Klienten oder auch andere, und einem das wichtig ist, dann gibt man sich von alleine Mühe. Wenn ich eine Empfehlung geben soll dann würde ich sagen, dass man sich wirklich um den Menschen kümmern muss. Dass man sich also kümmert. Wir sind zwar eine Firma, aber wir sind nicht nur eine Firma. Wir machen ja hier keine Fließbandarbeit oder so. Ich muss mich auf diesen gesamten Prozess einlassen und keine Angst vor Arbeit haben, sonst geht es nicht. Es kommt hinzu, ich bin kein Freund von Altenheimen. Und wenn man das vermeiden will, dann muss man halt eine gute Pflegeplanung machen, sodass der Klient auch zu Hause bleiben kann. In manchen Fällen empfehle ich den Klienten, sich einen Kostenvoranschlag vom Pflegeheim zu besorgen. Dann sehen sie, dass eine eventuelle Zuzahlung zum Pflegedienst wesentlich günstiger ist als das Pflegeheim.
HGAL:
Wie kann man denn unter den heutigen Arbeitsmarktbedingungen feststellen, dass die Bewerber auch diese erforderliche Zugewandtheit zu den Klienten haben? Viele Bewerbungsgespräche sind ja nur ganz formell, und man kann sich gar kein Bild von dem Menschen machen, der sich da bewirbt.
Caspari:
Wir haben das bisher eigentlich ganz gut hingekriegt. Wir haben aber auch viele junge Bewerber und eine Schule angegliedert mit Schülern, die auch hier bei uns schon ihre Praxiseinsätze absolviert haben. Dadurch kann man sich bei manchen Bewerbern schon mal ein eigenes Bild machen. Und diese potenziellen Bewerber haben dann auch ein Bild von uns. Ich habe auch viele GFB-Kräfte, sodass ich auch sehr flexibel Personal einsetzen kann. Viele kommen aber auch über Mund-zu-Mund-Propaganda zu uns. Unser Konzept, das ja auch ein spezielles Konzept für Mitarbeiter ist, spricht sich halt rum.
HGAL:
Wir sind damit am Ende unserer Fragen und bedanken uns ganz herzlich für die Zeit, die Sie uns gegeben haben.
Caspari:
Das habe ich Ihnen ja schon in Loccum gesagt, ich habe kein Konzept. Als ich anfing, wusste ich nur, was ich nicht wollte, und alles andere ist dann im Laufe der Zeit gewachsen. Ich wollte kein starres Konstrukt und auch niemals eine Position haben, wo ich meine Mitarbeiter nicht mehr sehe. Es kann nicht ohne die Mitarbeiter gehen und auch nicht ohne mich und nicht ohne Chefs, die ein bisschen flexibel sind und die auch ein Nachsehen haben, wenn manche Dinge nicht perfekt laufen. Das ist das Wesentliche: meine Mitarbeiter wollen für ihre Klienten sorgen, und wenn sie mal absagen müssen, dann finden sie das ganz furchtbar. Sie sind dann auch mal bereit, für Kollegen einzuspringen oder auch zu späteren Zeiten Dienst zu machen. Meine Mitarbeiter sind auch sehr stolz darauf, dass sie bei einem guten Pflegedienst sind, und sie empfinden sich so, dass sie nicht für einen Pflegedienst arbeiten, sondern sie sind der Pflegedienst. Der Grundgedanke ist ja, dass jeder Mitarbeiter bestrebt ist, dass die Klienten gut versorgt sind. Hinzu kommt, dass jeder Mitarbeiter jeden anderen Mitarbeiter und jeden Klienten kennt. Bei Schwierigkeiten organisieren wir Teamsitzungen und besprechen dann ganz ausführlich und offen, wie wir auftretende Schwierigkeiten lösen können. Der persönliche Kontakt unter den Mitarbeitern ist ganz wichtig, auch in so ganz persönlichen Dingen wie zum Beispiel, dass ein Baby mit ins Büro gebracht wird und alle darauf warten, dass sie es mal auf den Arm nehmen können. Auch gemeinsame Freizeitaktivitäten sind für den Teamzusammenhalt sehr bedeutsam. Ganz wichtig ist es auch, dass die Bereichsleitungen ihre Wertschätzung an das Team geben und auch offen sind für Fragen aus dem Team.
HGAL:
Vielen Dank, Frau Caspari! Wir haben jetzt eine Menge Informationen von Ihnen erhalten und hoffen, dass wir zumindest die wichtigsten Hinweise und Empfehlungen für eine flexible Gestaltung eines ambulanten Pflegedienstes in die Öffentlichkeit bringen können.