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DIGITALISIERUNG UND BESCHÄFTIGUNG

Digitalisierung und Beschäftigung: Massenarbeitslosigkeit oder goldenes Zeitalter?

Die Debatte über die Beschäftigungswirkungen der Digitalisierung wird bereits seit einigen Jahren sehr kontrovers geführt und sie ist auch noch nicht beendet. Inzwischen liegen eine ganze Reihe von Studien und Artikeln vor mit Untersuchungen und Prognosen zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf Beschäftigung und Wirtschaftsentwicklung.[1] Die Ergebnisse dieser Studien sind häufig diametral entgegengesetzt. Eine Reihe von Studien waren und rosa Massenarbeitslosigkeit und Verarmung großer Teile der Bevölkerung; ein anderer Teil sieht in der Digitalisierung große Beschäftigungschancen, vor allem Produktivitätsgewinne die – so die Vorschläge – als bedingungsloses Grundeinkommen an die Bevölkerung verteilt werden können.

Die Auswertung dieser vorliegenden Studien hat aber auch deutlich gemacht, dass dieses Thema Digitalisierung und Beschäftigung wesentlich komplexer ist. Nicht nur die Technologie spielt hier eine Rolle, sondern auch globale Faktoren, die weitere Entwicklung der Globalisierung und vor allem auch die Forderungen nach Nachhaltigkeit.

Die Ergebnisse der Studien zu Digitalisierung und weitere Literaturquellen zu verbundenen Themen werden deshalb mit unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet und untersucht. Zunächst werden die Berechnungen und Einschätzungen des Automatisierungsrisikos geprüft und bewertet. In einem zweiten Schritt werden die Einflüsse der Entwicklung der künstlichen Intelligenz und der Robotik auf Beschäftigung und Beschäftigungspolarisierung untersucht. Es folgt eine Analyse möglicher neuer Wachstumsfelder unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit und der Effekte der Digitalisierung. Auch aufgrund neuster Entwicklungen muss die zukünftige Entwicklung der Globalisierung als weitere disruptive Entwicklung in die Analyse einbezogen werden.

Digitalisierung und Beschäftigung – ein vorläufiges Ergebnis

Der zukünftige Digitalisierungsprozess wird sich in einem Umfeld des disruptiven wirtschaftlichen Strukturwandels und struktureller gesellschaftlicher Veränderungen vollziehen. Wirtschaftliche Risiken werden wesentlich zunehmen. Der Einsatz digitaler Technologien ist nicht die einzige disruptive Entwicklung. Der Digitalisierungsprozess wird überlagert und mitgestaltet durch die Veränderungen in dem als Globalisierung bezeichneten Prozess sowie durch den beginnenden Strukturwandel durch die Erfordernisse des Klima – und Umweltschutzes. Der Digitalisierungsprozess wird also nicht nur durch die digitalen Technologien, sondern auch durch die anderen disruptiven Veränderungen gestaltet. Erst eine systemische Analyse kann die Auswirkungen auf die Beschäftigung ermitteln.

Als wesentliches Ergebnis des 1. und 2.Teils dieser Analyse ist festzuhalten, dass digitale Technologien auf die Dauer in fast allen Wirtschaftsbereichen eingesetzt werden. In den nächsten 20 Jahren werden in erster Linie Tätigkeiten verändert oder substituiert werden. Dies gilt auch für den Einsatz der künstlichen Intelligenz. In Zukunft können aber auch im Zuge der Veränderung ganzer Tätigkeitskomplexe in diesem Prozess auch komplette Berufe substituiert werden. Digitale Technologien steigern die Leistungsfähigkeit von Arbeit und Kapital, sie haben damit keine so eindeutige arbeitssparende Wirkung. Ihr Einsatz hängt sehr stark davon ab, neue Organisationsformen von Produktion und Arbeitsprozessen sowie neue Geschäftsmodelle zu finden. Bei unveränderten Rahmenbedingungen ist mit diesem Prozess auch ein merklicher Rückgang der Arbeitsnachfrage verbunden. Hauptbetroffen sind alle Bürotätigkeiten. Hier werden Internetverbindung, Big Data und Algorithmen sowie der Einsatz künstlicher Intelligenz zu erheblichen Veränderungen der Tätigkeiten und der Freisetzung von Arbeitskräften führen. Digitalisierung wird überwiegend im Bereich der Fachkräfte mit mittleren Einkommen eingesetzt werden. Hier besteht der größte Engpass bei Arbeitskräften weltweit und das größte Rationalisierungspotenzial durch Einsatz digitaler Technologien. Für einfache Tätigkeiten im Niedriglohnbereich ist die Automatisierung vielfach einfach zu teuer. Außerdem sind Anpassungsprozesse auf der Arbeitsseite zu berücksichtigen, vor allem mögliche Lohnanpassungen nach unten Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Digitalisierung – unveränderte Rahmenbedingungen vorausgesetzt – netto zu einer Reduktion des Arbeitskräfteeinsatzes vor allem im Bereich der Bürotätigkeiten und der Fachkräfte führt. Es kann also zu funktionaler Arbeitslosigkeit in größerem Umfang kommen, die sich dann auch zu genereller Arbeitslosigkeit verfestigen kann. Deshalb wird in den meisten Studien unterstellt oder gefordert, dass zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und vorwiegend in neuen Bereichen wie zum Beispiel des Klima-und Umweltschutzes erforderlich sind.(Teil 3)

Nach allen vorliegenden Untersuchungen über den Prozess des Klimawandels und die erforderlichen Maßnahmen zu dessen Abmilderung gibt es zwar eine wissenschaftlich gut begründbare Parallelität zwischen Digitalisierungsprozess und dem erforderlichen Anpassungsprozess (Nachhaltigkeitspolitik), die tatsächlich zu beobachtenden politischen Prozesse widersprechen aber diesen wissenschaftlichen Ergebnissen. Es ist schon sehr viel Zeit versäumt worden, die Weichen für den erforderlichen Klimaschutz zu stellen. Der Einfluss der etablierten Interessen in der Industrie vor allem aber auch in allen Wirtschaftszweigen, die an einem weiterhin sehr hohen materiellen Konsum der Bevölkerung interessiert sind, verhindern eine zügige Umsetzung erforderlicher Maßnahmen zur Vermeidung . Das geht so weit, dass der Klimawandel schlicht geleugnet oder Maßnahmen wie zum Beispiel die Substitution deutscher Kohlekraftwerke vertagt wird. Generell ist das westlich-kapitalistische Wirtschaftssystem auch fundamental ungeeignet, den Klima- und Umweltschutz, generell : ein nachhaltiges Wirtschaften, in seine Entscheidungs- und Erfolgsmechanismen zu integrieren. “ Umwelt“ ist bisher kein Marktteilnehmer und kein Zielobjekt profitorientierter Kapitalakkumulation. Umweltschutz ist stets abhängig von staatlichen und gesellschaftlichen Maßnahmen. Diese finden sich in erster Linie auf kommunaler Ebene und auf der Ebene von non-profit Organisationen. Diese Aktivitäten sind aber nicht umfangreich genug, um die Freisetzungseffekte der Digitalisierung zu kompensieren. Ob Geo-Engeneering neue Geschäftsmöglichkeiten schaffen wird, ist derzeit nicht abzusehen.

Die Untersuchungen zu Digitalisierung und Beschäftigung gehen implizit von einem status quo der strukturellen Entwicklung der Wirtschaft aus. Die Prognosemodelle würden auch sehr komplex, wenn Veränderungen von und in Wirtschaftszweigen sowie Auswirkungen auf Tätigkeitsprofile unabhängig von der Digitalisierung mit berechnet werden müssten. Diese Strukturveränderungen durch „neue Globalisierung“ (d.h. Überlagerung durch imperiale Konflikte) und Umweltschutz sind aber für die nächsten 20 Jahre von großem Einfluss auf die Digitalisierung selbst und v.a. auf die „Rahmenbedingungen“ ihres Einsatzes in Deutschland(Teil 4). Vor allem die Globalisierung der Wirtschaftstätigkeit in den letzten 20 Jahren hat Struktur und Entwicklung der Beschäftigung maßgeblich geprägt. Mit der Öffnung der asiatischen Staaten, v. a. Chinas wurde ein Arbeitspotenzial erschlossen, dass um Dimensionen das westliche übersteigt. Westliche Direktinvestitionen und der eigene Aufbau von Industriekapazitäten in diesen Ländern haben inzwischen den Globalisierungsprozess substanziell verändert vor allem China steht an der Schwelle ein globales Technologie – Investition – und Finanz Zentrum sowie ein eigenständiger Akteur für digitale Technologien und digitale Wirtschaft zu werden. Damit wird die amerikanische Hegemonialstellung vor allem im Bereich der Technologieführerschaft, der Sicherheit und der militärischen Überlegenheit infrage gestellt. Die Weltwirtschaft steht praktisch heute schon vor einem Bruch, einem Auseinanderfallen in mindestens zwei Blöcke, falls keine Übereinkünfte über

“Cyber-Sicherheit“ und Schutz von Unternehmen vor Staatseinfluss verhandelt werden können.

Alle drei disruptiven Kräfte stellen das deutsche „Geschäftsmodell“ einer stark exportlastigen Wirtschaft mit wesentlichen Märkten außerhalb Europas und vor allem verbunden mit hohen Exportüberschüssen infrage. Hier sind mehrere Faktoren wirksam:

  • die zunehmende weltweite Konkurrenz, insbesondere von staatlich unterstützten Unternehmen;
  • damit verbunden, Verlust, zumindest Einschränkungen von Marktpotenzialen;
  • zumindest partielle Re-Regionalisierung zum Schutz von Arbeitsplätzen, Industriepotenzialen und Know-how;
  • Verlust technologischer Leistungsfähigkeit durch Brüche im Verbund Forschung – Industrie (Die Übernahme zum Beispiel wesentlicher Unternehmen des Maschinenbaus durch ausländische Eigentümer entzieht zugleich der Forschung wesentliche Kooperationspartner für Entwicklung und Umsetzung neuer Technologien)
  • Investitionsstau bei der Infrastruktur im Inland; wachsender Bedarf für Umweltschutzmaßnahmen;

Die Digitalisierung in Deutschland wird sich in einem Zeitalter wirtschaftlicher Umbrüche vollziehen. Darauf ist Deutschland generell schlecht vorbereitet. Weder gibt es einen notwendigen Ausbau des Bildungssystems, insbesondere mit dem Schwerpunkt Digitalisierung, noch gibt es eine proaktive Arbeitsmarkt- und Gesellschaftspolitik zur Vorbereitung auf kommende Veränderungen.

 

Zu den einzelnen Teilen

Teil 1: Berechnungen und Einschätzungen des Automatisierungsrisikos

Einer der Auslöser der Diskussion über Arbeitslosigkeit im Zuge der Digitalisierung war die Studie von Frey und Osborne. Sie prognostizieren, dass 47 % der Beschäftigten in den USA durch Automatisierung ihren Beruf verlieren können. Diese Prognose hat eine wahre Flut weiterer Untersuchungen und Prognosen ausgelöst.[2] Dies sind einerseits Studien, die andere Ansätze zum Gefährdungspotenzial verfolgen, zum anderen Studien, die gesamtwirtschaftliche Effekte, vor allem Produktivitäts- und Wachstumseffekte durch die Digitalisierung berechnen und vor allem aus Szenarien forcierter Digitalisierung positive Beschäftigungseffekte berechnen. Diese Studien[3] prognostizieren nicht nur positive Beschäftigungszuwächse, sondern sogar einen Mangel an Arbeitskräften. Dies gilt allerdings nur für Szenarien einer „beschleunigten Digitalisierung“. Neben diesen quantitativ ausgerichteten Studien gibt es noch zahlreiche Berichte und Darstellungen qualitativer Art zu Auswirkungen digitaler Technologien, insbesondere der künstlichen Intelligenz und der Robotik. [4]

Das Gefährdungspotenzial durch Digitalisierung und Automatisierung wird in allen Studien auf der Basis von Klassifizierungen der Berufe und der Tätigkeitsmerkmale gemessen. Neuere Studien verwenden hierbei die erweiterte Definition von Routine nach Frey und Osborne. Diese Definition ist eigentlich eine qualitative Ausgrenzung von Tätigkeitsmerkmalen, bei denen Frey und Osborne postulieren, dass diese in den nächsten 10-20 Jahren nicht durch Technik substituiert werden können. Nicht computerisierbare Tätigkeiten sind:

  • Tätigkeiten erfordern eine hohe Sozialkompetenz;
  • Tätigkeiten erfordern ein hohes Maß an Kreativität;
  • Tätigkeiten erfordern eine hohe Leistung bei Wahrnehmung und Handhabung.

Alle anderen Tätigkeiten werden in diesem Zeitraum bis 2040 als computerisierbar angesehen. Diese Aussage stützt sich auf Einzelbeobachtungen und subjektive Einschätzungen von Projekten, Produktentwicklungen und Technologien, insbesondere in den Bereichen Entwicklung von Algorithmen auf der Basis von u.a. Big Data, Entwicklungen des maschinellen Lernens, Text- und Data Mining, Bild- und Mustererkennung und Robotik. Auf kurze und mittlere Sicht sind es zwar hauptsächlich Routinetätigkeiten, die automatisiert werden können, auf längere Sicht soll aber die Entwicklung der „maschinellen Intelligenz“ viele nicht-Routine Handhabungstätigkeiten (Beispiele: Roboter in der Chirurgie, in der Lagerhaltung, das selbstfahrende Auto) sowie auch kognitive Tätigkeiten (zum Beispiel Entscheidungsfindung in rechtlichen und Verwaltungs-Verfahren) automatisierbar machen.

Der Sprung von den Tätigkeiten und ihren Charakteristika in Bezug auf die Automatisierbarkeit zu den Berufen erfolgt, in dem gemäß der Klassifikationen der Berufe die entsprechenden Qualifikationsmerkmale zugrunde gelegt werden. Berufe mit hohem Routineanteil bzw. Routinetätigkeiten mit geringer Qualifikation (Helfer – und Fachkraftberufe, entsprechend dem Anforderungsniveau 1 und 2 der Klassifikation der Berufe) werden demzufolge als sehr gefährdet eingestuft. Aus diesen Einschätzungen ergeben sich dann Gefährdungspotenziale in allen betrachteten Berufen und damit auch die gesamtwirtschaftlichen Gefährdungspotenziale einzelne Berufe durch Digitalisierung.

Die auf diesen Berechnungen aufbauenden Prognosen einer möglichen technologischen Arbeitslosigkeit weisen erhebliche methodische und empirische Defizite auf. Die Analyse historischer technologischer Entwicklungen zeigt, dass nicht die Technologie an sich oder die Leistungsfähigkeit einzelner technologischer Komponenten maßgeblich ist für den Einsatz von Arbeitskräften nach Zahl und Qualität, sondern das systemische Gesamtkonzept, das Technologie, Marktbedingungen und die Gestaltung von Wertschöpfungsprozessen miteinander verbindet. So fußt die Fließbandarbeit nicht nur auf der dabei eingesetzten Technologie, sondern die Technologie ist vielmehr eine Folge der vorangegangenen Zergliederung des Arbeitsprozesses und der Vereinfachung der einzelnen Arbeitsschritte. Damit verbunden ist dann der Einsatz von angelernten Arbeitskräften anstelle von höher qualifizierten Fachkräften. Der Einsatz digitaler Technologien folgt ähnlichen Mustern. Die Tätigkeit einer Anwaltsgehilfin kann erst in größerem Umfang automatisiert werden, wenn der Arbeitsprozess in Subeinheiten oder Teiltätigkeiten zergliedert wird, die dann von digitalen Technologien ausgeführt werden können. Diese systemischen Voraussetzungen für den Einsatz digitaler Technologien fehlen zur Zeit noch für viele derzeitige Routinetätigkeiten. Die vielen Beispiele digitale Technologien, die in der einschlägigen Literatur genannt werden, täuschen darüber hinweg, dass hier entweder der Arbeitsprozess verbessert und produktiver wird oder dass lediglich Teilbereiche eines Tätigkeitszusammenhangs “digitalisiert“ werden. Die inzwischen recht hohe Leistungsfähigkeit der digitalen Technologie im Bereich der Informationsgewinnung, -speicherung und –verarbeitung sowie der Kommunikationsunterstützung, maßgeblich für alle Tätigkeiten und Berufe die sich hauptsächlich mit Information und Kommunikation beschäftigen – auch Geld ist letztlich ein Kommunikationsmittel und Banken handeln mit Informationen –, täuschen darüber hinweg, dass digitale Technologien in vielen Lebensbereichen derzeit noch über eine sehr geringe Leistungsfähigkeit verfügen. Hierfür gibt es viele Beispiele. Zum Beispiel gibt es bisher keine praxistaugliche automatische Abschalteinrichtung für einen Elektroherd zum Schutz eines an Demenz erkrankten Menschen.

Das Beispiel des Fließbandes zeigt außerdem, dass neben dem Produktionssystem (Technik Arbeitsorganisation, Arbeitseinsatz) auch die Nachfrage als Teil des Wertschöpfungssystems zu berücksichtigen ist. Nicht Pferdekutschen sind am Fließband produziert worden, sondern für das Fließband angepasste Produkte wie das Auto mit Verbrennungsmotor, die auch vermarktet werden konnten. Dieser Aspekt der erforderlichen neuen Nachfrage wird in den Studien zur Digitalisierung, wenn überhaupt, dann nur am Rande behandelt, meist unter dem Gesichtspunkt der Akzeptanz der digitalen Technologien. Akzeptanz bedeutet hier ja nicht nur Annahme digitaler Lösungen, sondern hier drückt sich auch eine spezifische Nachfrage oder ein gesellschaftlicher Konsens aus. Wenn es eine Nachfrage nach Leistungen von Bankfilialen mit persönlicher Bedienung gibt und/oder die öffentliche Hand dies als Bestandteil der Daseinsvorsorge ansieht, wird es keine totale Digitalisierung des Geld – und Bankwesens geben.

Wirklich belastbare Berechnungen zukünftiger Beschäftigungswirkungen digitaler Technologien können deshalb erst als seriös angesehen werden, wenn diese systemischen Aspekte aufgearbeitet und integriert sind.

Teil 2: Schöne neue Welt, keine Arbeit, trotzdem Geld

Künstliche Intelligenz, Robotik und Beschäftigungspolarisierung

Nach Umfragen des Bitkom Verbandes werden in Deutschland 3,4 Millionen Arbeitsplätze (von insgesamt 33 Millionen) bis 2022 wegfallen. In der Kommunikationstechnik sei schon heute ein Abbau von 90 % der Arbeitsplätze in nur 15 Jahren zu beobachten. Als nächstes sind vor allem Banken und Versicherungen sowie Chemie- und Pharmabranche von einer solchen Entwicklung bedroht. Auf die nächsten 20 Jahre, so Bitkom, werde die Hälfte aller Berufsbilder wegfallen. Die daraus entstehende Massenarbeitslosigkeit könne nur durch ein bedingungsloses Grundeinkommen bewältigt werden.

Mit diesen Aussagen steht Bitkom stellvertretend für eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Untersuchungen und Aussagen aus Wirtschaft und Wissenschaft, die durch die Berechnungen der Gefährdungspotenziale (siehe Teil 1:) ausgelöst wurden:

  • die Diskussion über technologische Arbeitslosigkeit,
  • die Diskussion über die Polarisierung der Berufe bzw. Tätigkeiten in “ Digitalisierbare“ und „Nicht-digitalisierbare“ und damit auch eine Polarisierung der Beschäftigten,
  • sowie eine Diskussion über die Konsequenzen für die Einkommens- und Vermögensverteilung sowie die damit verbundenen gesellschaftlichen Veränderungen.

Es werden hier zum Teil extreme Szenarien konstruiert, die eine Re- Feudalisierung der Gesellschaft voraussehen, eine extreme Spaltung in wenige extrem Wohlhabende einerseits und die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung, die Dienstleistungen für diese wenigen erbringt, oder aber eben vom bedingungslosen Grundeinkommen lebt. Die Produktion von Gütern und von vielen Dienstleistungen wird in diesen Zukunftsszenarien von Robotern übernommen. Für die nächsten Jahrzehnte wird eine Roboterrevolution vorausgesagt. Computer sollen menschliches Intelligenzniveau erreichen. Fabriken, Verkehr und Landwirtschaft sollen Mitte des Jahrhunderts nahezu komplett automatisiert sein.

Auch wenn diese extremen Szenarien nicht geteilt werden, so wird doch in verschiedenen internationalen Studien die Ansicht vertreten, dass der Mittelstand bzw. der mittlere Bereich von Berufsqualifikationen automatisiert werden kann und werden wird. Auch in diesen Szenarien spaltet sich die Gesellschaft in Habende und Habenichtse.

Für eine realistische Beurteilung des Freisetzungsprozesses durch Digitalisierung muss noch einmal das Ergebnis von Teil 1 dieser Untersuchung betont werden. Der Einsatz aller Technologien, wie z. B. Vernetzung, machine learning, computer vision, big data, hier zusammengefasst als Digitalisierung bezeichnet, betrifft zumindest für die nächsten 20 Jahre nur die Automatisierung einzelner Funktionen/Tätigkeiten in Wertschöpfungsprozessen. Diese müssen mit „nicht automatisierten“ Funktionen/Tätigkeiten in Wertschöpfungsketten integriert werden. Insbesondere die künstliche Intelligenz wird für diesen Zeitraum betrachtet hauptsächlich ein Werkzeug sein zur Erleichterung, Verbesserung und Effizienzsteigerung von Arbeitsprozessen. “ Beachten Sie, dass ML-Systeme [ML = maschinelles Lernen] fast niemals ganze Jobs, Prozesse oder Geschäftsmodelle ersetzen. Meistens ergänzen sie menschliche Tätigkeiten und machen sie dadurch wertvoller. Die beste Regelung für die neue Arbeitsteilung lautet nur selten “ Übertrage der Maschine alle Aufgaben“. Wenn die erfolgreiche Bewältigung eines Prozesses aus 10 Schritten besteht, werden vielleicht 2 automatisiert, während die anderen immer noch besser von Menschen erledigt werden.“ [5] Der Einsatz der künstlichen Intelligenz dient damit vor allem der Bewältigung immer komplexerer Wertschöpfungsprozesse sowie der Kompensation für fehlende Fachkräfte. Auch für diese Einsatzbereiche ist es erforderlich, dass die Prozesse in automatisierbare Einzeltätigkeiten zerlegt werden. Ein flächendeckender disruptiver Einsatz der künstlichen Intelligenz und der Automatisierungstechniken ist derzeit aus technischen, aber mindestens ebenso aus ökonomisch-organisatorischen Gründen für die nächsten 10-20 Jahre nicht zu erwarten. Es werden zunächst hauptsächlich Prozesse und Tätigkeiten betroffen sein, die mit Informationssammlung, Speicherung, Bearbeitung und Auswertung zusammenhängen. Dies wird allerdings praktisch alle Wirtschaftsbereiche umfassen.

An die Grenzen der Leistungsfähigkeit gerät die künstliche Intelligenz sehr schnell, wenn abwechselnd völlig unterschiedliche Tätigkeiten ausgeübt werden müssen, also zum Beispiel in einem Kino der Kartenverkauf, der Verkauf von Chips, Popcorn und Getränken, die Platzzuweisung im dunklen Kinosaal sowie die Überwachung des geordneten Verlassens. All diese Tätigkeiten für sich könnten mit heutiger Technik automatisiert werden. Die Frage ist jedoch, ob dies wirtschaftlich ist, und zwar einmal aus Sicht der Kosten für die Technik , dann aber auch aus Sicht der Akzeptanz durch den Kunden – das “ Erlebniskino “ wäre mit der Digitalisierung gestorben. Dieses und andere Beispiele zeigen, dass die Gleichsetzung von einfacher, gering bezahlter mit Routinearbeit und damit digitalisierbarer Arbeit auf eine Vielzahl von Tätigkeiten nicht angewendet werden kann. Eine Pflegekraft wird schlecht bezahlt, erledigt eine ganze Reihe von Routinetätigkeiten und kann dennoch nur in Randbereichen mit digitalen Technologien ausgestattet werden.

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Digitale Technologien, vor allem Künstliche Intelligenz und Robotik, werden also voraussichtlich in einem eher evolutionären Prozess in den Wertschöpfungsprozessen aller Branchen eingesetzt werden. Es ist eher unwahrscheinlich, dass dadurch ganze Berufszweige entfallen, es wird vielmehr in vielen Fällen eine Veränderung der Tätigkeitsinhalte und damit des Berufsbildes erfolgen.

Grundsätzlich verlangt der Einsatz digitaler Technologien bis auf weiteres ein profundes Know-how über die Einsatzmöglichkeiten digitaler Technologien, eine präzise Definition des Einsatzbereiches und des damit verbundenen Geschäftskonzeptes, die Schaffung des entsprechenden Daten-Ökosystems entweder in Eigenleistung oder durch Kauf der erforderlichen Instrumente, eine Neugestaltung des Workflowprozesses, der eingesetzten Qualifikationen und der Arbeitskultur.

Gleichwohl bleibt die Analyse der Gefährdungspotenziale wesentlich, um Tätigkeitsbereiche und Branchen zu identifizieren, in denen in nächster Zeit Digitalisierungsprozesse verstärkt ablaufen und damit Arbeitsinhalte, Arbeitsstrukturen und Arbeitsverhältnisse verändert werden. Hier muss auf mittlere Sicht davon ausgegangen werden, dass alle Branchen mit einem sehr hohen Anteil an Informationsprozessen (Banken, Versicherungen, Verwaltungen aller Art, Logistik (ohne Transport) sowie Chemie und Pharma in verstärktem Maße digitale Technologien einsetzen und damit grundsätzlich zunächst einmal Tätigkeiten substituieren und Berufsinhalte verändern. Es ist auch davon auszugehen, dass bei gleichbleibender Produktionsleistung Arbeitsplätze wegfallen werden. “ Gefährdungspotenzial“ heißt also sowohl Veränderung von Arbeitsplätzen und Qualifikationsanforderungen als auch generell Minderbedarf an Arbeitskräften.

Es ist heute nicht absehbar, ob überhaupt und wenn ja wie dieser Prozess der Umwälzung von der Erstausbildung über die Berufsausbildung bis hin zu Weiterbildung und Qualifizierung organisiert und bewältigt werden soll. Bis heute existiert in Deutschland kein kohärentes Bildungs- und Qualifizierungskonzept, welches die Erwerbsbevölkerung auf die Veränderungen vorbereitet und bei Veränderungsprozessen unterstützt, die durch die Digitalisierung in den nächsten 20 Jahren hervorgerufen werden. Das Ausmaß von Arbeitslosigkeit (vor allem strukturelle, funktionale und altersbedingte) durch Digitalisierung wird aber in entscheidendem Umfang von einer frühzeitigen präventiven Bildung und Qualifizierungspolitik abhängen. Nicht die Technik ist das Problem, sondern der Stillstand in den entscheidenden Politikbereichen Bildung und Technologieentwicklung. Die Austeritätspolitik vieler Staaten ist ein weiterer wesentlicher Hemmschuh für die Vorbereitung auf den kommenden Wandel. Wenn wie im Bundesstaat Oklahoma aus Budgetgründen die Erstausbildung um einen Tag in der Woche gekürzt wird, zeigte dieser fast schon skurrile Vorgang die Ignoranz der Entscheidungsträger.

Als Antwort auf die „Freisetzung-Szenarien“ und die drohende technologische Arbeitslosigkeit sind vor allem in jüngster Zeit eine Reihe von Studien und Untersuchungen durchgeführt worden. Diese

gesamtwirtschaftlich konstruierten Szenarien argumentieren damit, dass durch die Digitalisierung und Automation auch neue Arbeitsplätze entstehen, nicht zuletzt durch die steigende Produktivität und damit die prinzipielle Möglichkeit steigender Masseneinkommen. Zu den neu entstehenden Arbeitsplätzen gibt es bereits erste, mehr qualitativ ausgerichtete Untersuchungen[6]

Die Produktivitätseffekte der Digitalisierung stellen sich allerdings in Literatur und Statistik nicht einheitlich und eindeutig dar. In nahezu allen Industrieländern zeigen die Statistiken einen lang anhaltenden Abwärtstrend des Wachstums und der Produktivitätsentwicklung. Schon seit einiger Zeit wird das „Produktivitätsrätsel“ diskutiert, die zunehmende Verbreitung digitaler Technologien bei gleichzeitig schwachem Wachstum der Arbeitsproduktivität. Nach Untersuchungen der OECD ist das Produktivitätswachstum seit 2004 in allen Mitgliedstaaten zurückgegangen. Bemerkenswert sind auch Unterschiede in den vorangegangenen Zeiträumen. So haben die USA im Zeitraum von 1996-2004 ein starkes Wachstum der Produktivität zu verzeichnen, ebenso Kanada und Australien. Dem gegenüber haben europäische Länder, Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien keine “ Digitalisierungs- und Automatisierungsdividende“ zu verzeichnen.

Für diese Entwicklung der Produktivität gibt es mehrere Erklärungsansätze:

  • ein sinkender Effekt und Ertrag produktivitätssteigernder Innovationen;
  • der Strukturwandel hin zur Dienstleistungsgesellschaft und die bisher wenigen automatisierbaren Dienstleistungen;

Die These vom abnehmenden Grenzertrag der Innovationstätigkeit ist nicht neu, sie betrifft aber nicht nur digitale Technologien, sondern muss den Gesamtprozess der technologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklung ins Auge fassen. Historisch betrachtet hat es immer wieder Phasen relativer Stagnation gegeben, abgelöst von Paradigmenwechseln und stark beschleunigter Innovationstätigkeit.

Bisher ist jedenfalls kein merklicher Produktivitätseffekt durch Digitalisierung festzustellen. Demzufolge wird es auch kaum einen Einkommenseffekt durch Digitalisierung und damit eine Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage und der Beschäftigung geben. Eine beschleunigte Anwendung digitaler Technologien, insbesondere auch der künstlichen Intelligenz und der Robotik, werden also einen negativen Effekt auf die Beschäftigung haben, einmal durch eine relativ geringere Nachfrage nach Arbeitskräften in bestimmten automatisierten Bereichen, zum anderen durch Freisetzungseffekte, die voraussichtlich insbesondere ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer treffen werden.

Wer werden also die Betroffenen seien? Gefährdungsanalysen und technologische Entwicklungen deuten darauf hin, dass in erster Linie Bürotätigkeiten aller Art betroffen sein werden. Die Automation in der Industrie ist demgegenüber schon weit fortgeschritten, so dass eine zusätzliche Effizienzsteigerung durch Automation und Robotik nicht mehr zu erheblichen Veränderungen des Arbeitseinsatzes führen werden. Es wird in der Industrie eher zu erheblichen Veränderungen der Berufsbilder, verbunden mit hohem Qualifizierungsbedarf kommen. Allerdings verändern sich auch die Qualifikationsanforderungen auch bei hoch qualifizierten Berufen wie zum Beispiel den Beruf des Diplomingenieurs.[7]

Die Situation in den Dienstleistungsbereichen sieht anders aus. Schon heute sind die negativen Beschäftigungseffekte digitaler Technologien bei Banken und Versicherungen deutlich zu sehen. Der nächste große Schub wird bei allen “ Verwaltungstätigkeiten“ bei Unternehmen und vor allem öffentlichen Verwaltungen und privaten Organisationen erfolgen. Auch Überwachungs–, Wartungs- und Reparaturtätigkeiten werden betroffen sein. Ob es zu einer schnellen Verbreitung digitaler Formate in der Bildung kommt, wird in hohem Maße von der Verfügbarkeit von Lehrern, dem Bedarf an Qualifizierungsmaßnahmen und insbesondere der Bildungspolitik abhängen. Falls es jemals zu einer proaktiven Bildungsoffensive kommt, wird dies nur durch breiten Einsatz digitaler Formate möglich sein, weil genügend Lehrer in dieser kurzen Zeit nicht ausgebildet werden können.

Diese voraussichtliche Entwicklung der nächsten 10-20 Jahren wird den seit einigen Jahren zu beobachtenden Prozess der Polarisierung von Beschäftigung und Einkommen verstärken. In einer ganzen Reihe nationaler und internationaler Studien [vgl. hierzu zusammenfassend die Bertelsmann Studie [8]] wird diese Polarisierungstendenz hauptsächlich auf folgende Faktoren zurückgeführt.

  • Effekte der Globalisierung (Outsourcing, Handelsdefizite, internationale Konkurrenz)
  • institutionelle Faktoren, sinkender Einfluss der Gewerkschaften, sinkende reale Löhne, v.a. Mindestlöhne, prekäre Arbeitsverhältnisse, permanenter Lohndruck durch den permanenten Prozess des Beschäftigungsabbaus, auch wenn daraus keine unmittelbare Arbeitslosigkeit resultiert.
  • die Digitalisierung, welche die Nachfrage nach qualifizierten gegenüber unqualifizierten Arbeitskräften verändert.

Neuere Untersuchungen des „Digitalisierungseffektes“ zeigen, dass es seit den 1990 er Jahren nicht zu einer linearen Verschiebung von niedrig qualifizierten zu hoch qualifizierten Berufen , sondern zu einem Rückgang der Arbeitsnachfrage nach Berufen mit mittlerer Qualifikation kommt. Der tätigkeitsbasierte Ansatz in der Beschäftigungsanalyse bietet hier ein Erklärungsmodell, die beobachtete Polarisierung der Arbeitsnachfrage mit den vermuteten treibenden Faktoren zu verknüpfen, dem technologischen Wandel, der zunehmenden Globalisierung und der Veränderungen der Machtverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt. Gemäß dem tätigkeitsbasierten Ansatz ist nicht der „ skill-content“ sondern der „task-content“ maßgeblich für die Gefährdung durch die genannten Faktoren. Der tätigkeitsbasierte Ansatz erklärt zum einen die Routineintensität von Tätigkeiten bzw. Berufen, andererseits aber auch die Anfälligkeit für Effekte der Globalisierung (z.B. Auslagerung von industrieller Produktion, Auslagerung von informationstechnischen Routinetätigkeiten).

Deutschland spielt bei diesen Entwicklungstendenzen insofern eine Sonderrolle, weil die Einflüsse der Globalisierung bisher eher positiver Natur waren (hohe Exportüberschüsse), Verlagerung von Qualitätsproduktion aufgrund fehlender qualifizierter Arbeitskräfte sich in Grenzen hielt, der Automationsgrad in der Industrie bereits sehr hoch war und ist und die Digitalisierung der „Bürotätigkeiten“ noch nicht sehr weit fortgeschritten ist. Gleichwohl ist durch die Arbeitsmarkt – und Sozialreformen sowie die abnehmende Tarifbindung auch in Deutschland ein Polarisierungseffekt zu verzeichnen.

Für die Zukunft stellen sich damit folgende Fragen:

  • welche Auswirkungen werden Veränderungen im Prozess der Globalisierung und der globalen Machtverhältnisse auf das „Wirtschaftsmodell Deutschland“ haben?
  • Welche Zusammenhänge ergeben sich zwischen den Veränderungen auf globaler Ebene und der politisch angestrebten beschleunigten Digitalisierung?

Teil 3: Das Ende des American Way of Life

Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Beschäftigung

In nahezu allen Untersuchungen zu Auswirkungen der Digitalisierung auf die Beschäftigung wird betont, dass umfangreiche Investitionen in neue Wertschöpfungen (neben einer proaktiven Arbeitsmarkt-und Qualifizierungspolitik) unabdingbar sind, um Massenarbeitslosigkeit zu verhindern. In Entwicklungs – und Schwellenländern werden zwar wachsende Masseneinkommen für mehr Beschäftigung sorgen, in entwickelten Ländern wird der demographische Wandel zu einer schrumpfenden Erwerbsbevölkerung einerseits und zu einem Mehrbedarf bei Gesundheits – und Pflegeleistungen andererseits sorgen. Dies wird aber nicht ausreichen, die Freisetzungseffekte und die rückläufige Nachfrage nach Arbeitskräften zu kompensieren. Erforderlich sind [9]

  • Investitionen in Infrastruktur und Gebäude;
  • Investitionen in erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Klimaanpassung;
  • Ausbau der Dienstleistungen in nicht automatisierbaren Bereichen.

Ohne die Erschließung neuer Nachfrage –und Investitionsbereiche sind also die negativen Auswirkungen der Digitalisierung auf die Beschäftigung nicht zu bewältigen.

Angesichts der Zeitperspektive von ca. 20 Jahren für den Diffusionsprozess der Digitalisierung stellt sich noch aus einem anderen Grund die Frage, in welchem Zusammenhang Digitalisierung und Nachhaltigkeit stehen. Alle Untersuchungen zur Digitalisierung unterstellen implizit, dass

Produktions – und Verbrauchsstrukturen sich nur langsam ändern. Produkte und Produktionsprozesse entwickeln sich also evolutionär weiter, ohne dass hier größere Brüche eintreten. Verändern sich jedoch Produkte und Produktionsprozesse fundamental, ergeben sich ganz andere Anforderungen an den Einsatz digitaler Technologien und damit auch für das Verhältnis Digitalisierung und Beschäftigung.

Solche Veränderungen entstehen zunächst aus dem immer dringlicher werdenden Klima- und Umweltschutz. Um den ökologischen Fußabdruck der Menschheit auf ein umweltverträgliches Maß zu reduzieren, sind fundamentale Veränderungen der Konsumgewohnheiten und auch bei Investitionsgütern erforderlich. Damit verändern sich aber auch Technikeinsatz, Wirtschafts- und Arbeitsorganisation. Für Klima- und Umweltschutz ist technisch betrachtet dabei sowohl bei Quellen als auch bei Senken der Naturnutzung anzusetzen. Die Aufgabe besteht nicht nur in der Dekarbonisierung, sondern darüber hinaus in der allgemeinen Reduktion der Schadstoff- und Abfallbelastung. Mikroplastik ist derzeit schon ein vergleichbares Problem wie die CO2 Belastung.[10]

Nachhaltiges Wirtschaften ist prägnant mit den 3 R´s beschrieben worden:

  • Reduce
  • Reuse
  • Repair

Diesen 3 R´s müssen noch 2 hinzugefügt werden:

  • Reinvent
  • Reorganise

Die Digitalisierung spielt bei diesem erforderlichen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft eine bedeutende Rolle. Dies zeigt sich schon an einigen prominenten Pilotvorhaben und Innovationsmaßnahmen wie zum Beispiel den Smart Grid und den Smart City Konzepten. Auch eine nachhaltige Landwirtschaft wird in hohem Maße von der Digitalisierung Gebrauch machen, um den Einsatz von Herbiziden und Pestiziden zu senken und Wachstumsbedingungen zu optimieren.[11] Ein weiterer Bereich ist die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft, verbunden mit reparaturfreundlichen Produkten, Produkten mit wieder verwertbaren Komponenten, Wiederverwertung von Abfallprodukten und vor allem auch Langlebigkeit von Produkten und Geräten durch entsprechende Maßnahmen in der Konstruktion und Produktion. Die Auswirkungen dieser erforderlichen Maßnahmen auf derzeitige Konzepte der Digitalisierung wie zum Beispiel Industrie 4.0 wird bisher wenig erforscht, ebenso wenig die Auswirkungen auf die Beschäftigung. Die erforderlichen Strukturanpassungen werden auf jeden Fall erhebliche Anpassungen der Qualifikationen und des Arbeitseinsatzes erfordern. Dies zeigen bereits derzeitige Entwicklungen z. B. in der Energiewirtschaft mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien. Noch größere Auswirkungen wird der Aufbau integrierter lokaler/regionaler Netze haben, die Produzenten und Verbraucher sowie Strom- und Wärmeerzeugung und -verbrauch miteinander verknüpfen. Hier wird ein neues System mit neuen Produkten (z. B. Wärmepumpen, Brennstoffzellen, Batteriespeicher, Hydrospeicher) und neuen Dienstleistungssystemen (z.B. Verkauf der Endenergieleistungen Kälte, Wärme und Kraft statt Verkauf von Heiz – und Klimageräten) unter starkem Einsatz digitaler Technologien geschaffen. Die Auswirkungen auf das alte“ Ökosystem“ der derzeitigen Energieversorgung, also auf Handwerker, Schornsteinfeger, Bürofachkräfte usw. ist bisher nicht erforscht.

Welche Auswirkungen eine erforderliche „Dekarbonisierung“ der Wirtschaft hat, zeigt sich z.Z. deutlich in der Automobilindustrie. Wirtschaft und Politik sind seit über 10 Jahren bemüht, die alten Strukturen zu erhalten. Es ist auch keineswegs so sonnenklar, ob nun die Zukunft des Autos im Elektromotor mit Batterie oder mit Brennstoffzelle besteht, oder ob nicht doch synthetische Kraftstoffe die Lösung sind. Unbestritten ist jedoch, dass die Automobilindustrie nicht nur Probleme mit dem Verbrennungsmotor hat, sondern auch mit den wachsenden Kosten der derzeitigen Autoflotte ( im Vergleich zur allgemeinen Kaufkraftentwicklung) , der Überlastung der Straßen, immer noch hohen Unfallzahlen und vor allem mit der rückläufigen Attraktivität des Individualverkehrs und des Produkts “ Auto “ selbst. Die Zeiten, in denen das Auto das soziale Statussymbol schlechthin war, sind inzwischen lange vorbei. Das Auto mit Verbrennungsmotor genügt heute weder den Erfordernissen der Umwelt noch den unterschiedlichen Mobilitätsbedürfnissen.

Für die Zukunft geht es deshalb darum, neue Mobilitätskonzepte zu entwickeln, die ihrerseits wieder in ein neues energiewirtschaftliches System einzupassen sind. Neue Assistenzsysteme und selbstfahrende Autos sind hier keine alleinige Lösung, wenn sie sich überhaupt realisieren lassen. Hier überschneiden sich vielmehr drei disruptive Entwicklungen: im Energiesektor, bei Mobilität und durch Digitalisierung.

Massenproduktion und Massenverbrauch weitgehend standardisierter Güter sind die Kennzeichen des derzeitigen Wirtschaftssystems. Digitalisierung schafft Möglichkeiten zur Kleinserienfertigung, zur Personalisierung von Fertigung und auch neue Fertigungssysteme wie z.B. den 3 D-Druck. Eine Fertigung von Produkten auf Bestellung als Unikat oder Kleinserie ist in Zukunft möglich. Entwicklung und Bau des Elektro-Scooters der Post AG deuten bereits heute diese Möglichkeiten zumindest eines Starts mit Kleinserie an.

Die Realisierung nachhaltiger Mobilitätskonzepte erfordert einen erheblichen Einsatz digitaler Technologien. Es sind Systeminnovationen erforderlich, um den Mobilitätsbedarf von Waren und Personen zu vermindern z.B. durch lokale Produktion, Einsatz digitaler Kommunikationsmittel, Entwicklung neuer Verkehrssysteme und systemische Vernetzung der Mobilitätsträger.

Bisherige Erfahrungen und Beispiele zeigen, dass Entwicklungsmaßnahmen in Richtung Nachhaltigkeit in großem Umfang von digitalen Technologien Gebrauch machen müssen. Auch bei den „neuen Investitionen“ werden damit nur vermindert neue Arbeitsplätze geschaffen. Damit ist hier keine “ Wunderwaffe“ gegeben, Beschäftigungseinbrüche durch neue Produkte und Investitionen zu kompensieren. Möglicherweise kann die Beschäftigung aber stabilisiert werden, wenn die Diffusionsgeschwindigkeit der Digitalisierung mit dem Aufbau einer nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft synchronisiert werden kann. Die erforderlichen Investitionen sind dann möglicherweise trotz Digitalisierung ausreichend, um einen Beschäftigungseinbruch zu verhindern oder zumindest abzumildern. Hier ist allerdings zu berücksichtigen, dass auch der durch die Klima-und Umweltpolitik getriebene Strukturwandel zu Arbeitsplatzverlusten und zu neuen Arbeitsstrukturen führen wird. Hier kommen dann Strukturwandel durch Digitalisierung und Strukturwandel durch Nachhaltigkeit zusammen. Es ist bisher völlig offen, ob diese gemeinsamen Probleme mehrerer disruptiver Entwicklungen in dem seit den achtziger Jahren bestehenden neoliberalen Umfeld gelöst werden können. Die Probleme, die es zu lösen gilt, erfordern auf jeden Fall eine größere Rolle kollektiver Entscheidungsmechanismen (Staat, gemeinnützige Einrichtungen usw.) als Ersatz oder zusätzlich zu Marktmechanismen.

An der rechtzeitigen Realisierung einer solchen proaktiven Klima – und Umweltpolitik bestehen jedoch erhebliche Zweifel. [12] Es ist damit wenig wahrscheinlich, dass eine Synchronisierung zwischen dem Einsatz digitaler Technologien und dem erforderlichen ökologischen Umbau der Wirtschaft zustande kommt. Angesichts der Sättigungserscheinungen auf den etablierten Märkten in den entwickelten Ländern entfallen damit aber auch viele Impulse zur Schaffung neuer Arbeitsplätze.

Die derzeitige Wirtschaftsweise in den entwickelten Ländern ist nicht nur ökologisch nicht nachhaltig, sie ist auch sozial und wirtschaftlich nicht nachhaltig. Die heute etablierten Märkte sind längst in ihre Sättigungsphase eingetreten. Wirtschaftswachstum resultiert heute zu großen Teilen aus Finanzmarktspekulationen und kreditfinanzierten Konsumausgaben, verbunden mit wachsender Verschuldung der privaten Haushalte und der Staaten. Der exzessive Konsum ist schon seit langem zur Hauptstütze der wirtschaftlichen Entwicklung geworden. Sowohl der Digitalisierungsprozess als auch die zwingend erforderlichen Maßnahmen zur Beseitigung oder auch Verhinderung der gravierendsten Auswirkungen des nicht nachhaltigen Wirtschaftens auf Gesundheit und Klima ( z.B. Fahrverbote, Erhöhung der Deiche, Beseitigung von Hochwasserschäden) werden nicht nur zu Beschäftigungsproblemen, sondern auch zur Stagnation und möglicherweise sogar zu einer Reduktion der Masseneinkommen führen. Damit kommt es zu einer Verschärfung der bereits bestehenden wirtschaftlichen und sozialen Probleme, geringeres Produktivitätswachstum, und geringeres/stagnierende Wirtschaftswachstum.[13]Es ist inzwischen überdeutlich, dass die Polarisierung der Gesellschaft mit Radikalisierung und politischer Instabilität verbunden ist.

Die Gefahr liegt darin, dass es durch Nichthandeln oder zu spät handeln zu einer Zangenbewegung kommt. Mithilfe digitaler Technologien werden noch die Reste aus den bestehenden Produktions – und Konsumstrukturen herausgequetscht, bei gleichzeitiger Stagnation der Masseneinkommen und wachsender Prekarisierung größerer Teile der Bevölkerung. Je mehr Kostensenkung und Produktivitätssteigerungen notwendig werden, desto größer der Druck auf den Arbeitsmarkt und desto schwieriger werden die Absatzbedingungen - ein Teufelskreis.

Für die „Exportnation“ Deutschland mag das alles ja nicht gelten, weil hier die Entwicklung der Weltmärkte einen maßgeblichen Einfluss auf Nachfrage und damit Beschäftigung haben. Dieses deutsche Geschäftsmodell ist jedoch hochgradig gefährdet. Die offene und immer weiter liberalisierte Weltwirtschaftsordnung mit verhältnismäßig starken multinationalen Institutionen als Regulatoren wird zunehmend infrage gestellt. Die Zukunft der lohnabhängigen Arbeit in Deutschland hängt damit neben Digitalisierung und ökologischen Zwängen auch von der zukünftigen Entwicklung der globalen Wirtschaft ab

Teil 4: Beschäftigung in der Zeit der „streitenden Reiche“

Globalisierung, Digitalisierung und Beschäftigung

In der Digitalisierungsliteratur wird die Polarisierung der Einkommen Ende des vergangenen, Anfang dieses Jahrhunderts, von mittleren Einkommen hin zu niedrigen Einkommen, mit den Auswirkungen eines ersten Digitalisierungsschubs in Verbindung gebracht. Hier werden jedoch die Auswirkungen des zeitgleich ablaufenden Globalisierungsprozesses völlig übersehen. Die Industrialisierung Asiens, vor allem Chinas, in der letzten Dekade des vergangenen Jahrhunderts und vor allem nach dem WTO Beitritt Chinas 2001 hat die industriellen Strukturen, die Warenpreise und vor allem die Arbeitsmärkte fundamental verändert. Schon 2007 überstieg das chinesische BSP die BSP´s Japans und Deutschlands. Die Zahl der industriell Beschäftigten in China war größer als die der USA, Europas, Japans und Lateinamerikas zusammengerechnet. Zu dieser exorbitanten Ausweitung der „industriellen Reservearmee“ kommen noch die Arbeitskräfte in den anderen Schwellenländern hinzu. Hier liegt also die Erklärung, dass Industriearbeitsplätze verlagert, damit mittlere Einkommen durch billige Löhne in Entwicklungsländern substituiert und die ehemaligen Industriebeschäftigten in schlechter bezahlte Dienstleistungsberufe in den alten Industrieländern abgedrängt wurden. Das weltweite Wachstum der Realeinkommen hat sich seit 1988 erheblich verändert. Steigendem Einkommenswachstum der Mittelschichten in den Schwellenländern, vor allem in China, steht ein starker Rückgang des Einkommenszuwachses der Mittelschichten in den Industrieländern gegenüber (sog. „Elefantenkurve“)[14] Dieser Verlagerungsprozess der Industrieproduktion in die Dritte Welt führte zu einer tendenziellen Absenkung der Verbrauchsgüterpreise. Damit und durch die Ausweitung des kreditfinanzierten Konsums konnten stagnierende Einkommen in den Industrieländern kompensiert werden, so dass es über Jahrzehnte zu keiner gefühlten Einschränkung des Lebensstandards kam. Dieser Prozess ist jetzt an ein Ende gekommen; die Realität relativer Verarmung drückt sich inzwischen politisch aus.

Dieser Prozess der direkten (vollständige Substitution) oder indirekten (Aufbau von Erweiterungskapazitäten) Verlagerung von Industriearbeitsplätzen aus den alten Industrieländern in die Schwellenländer war begleitet von einem Prozess der durchaus mit einer „ursprünglichen Akkumulation“ zu vergleichen ist. Die Öffnung der Weltmärkte erforderte ganz andere Größenordnungen der Unternehmen und damit auch weit höhere finanzielle Mittel. Die Umverteilung der Einkommen vom Faktor Arbeit zum Kapital wird ergänzt durch die forcierte Profitorientierung der Unternehmen (shareholder value) und vor allem die Allokation von Mitteln über das Finanzwesen (Finanzialisierung der Wirtschaft). Auf vielen Märkten, insbesondere im Bereich Information und Kommunikation entstehen global agierende Unternehmen mit Monopolposition oder enge Oligopole.

Das kommerzielle Internet wird global geprägt durch eine sehr kleine Zahl sehr großer Konzerne, dem GAFA Komplex (Google, Apple, Facebook, Amazon) in den USA, die russische Gruppe um Yandex und die chinesische Gruppe BAT (Baidu, Alibaba, Tencent). Vor allem die chinesische Gruppe stellt die Vormachtstellung des GAFA Komplexes infrage. Die Unternehmen der BAT Gruppe nehmen Schlüsselpositionen in der chinesischen Wirtschaft und im chinesischen politisch - ökonomischen System ein. Auf den chinesischen Märkten verbinden sie eine hochflexible Industrieproduktion mit digital gestützten Distributions- und Konsumtionsprozessen. Weiterhin sind sie das Fundament einer zunehmenden staatlichen Kontrolle über das Internet und der Überwachung der Bevölkerung.

Unternehmen des GAFA Komplexes dehnten ihre Aktivitäten und ihren Einfluss im Zuge des weltweiten Digitalisierungsprozesses auf immer mehr Wirtschaftsbereiche aus. Das gilt sowohl für klassische Industrien wie zum Beispiel die Automobilindustrie, deren Strukturwandel vielfältige Angriffsmöglichkeiten für die im Vergleich zur Automobilwirtschaft finanziell wesentlich potenteren Digitalkonzerne bietet. Es gibt aber vor allem für neue Anwendungsgebiete und Märkte wie zum Beispiel smart home Technologien, Robotik und Gesundheitswesen. Umfangreiche Forschungskapazitäten werden aufgebaut für die Entwicklung der künstlichen Intelligenz. Unterstützt wird der GAFA Komplex durch ein breit gefächertes Maßnahmenbündel des Staates (Militäraufträge, militärisch motivierte Investitionen, staatlich finanzierte Forschung an Universitäten). Auch wenn dies oft bestritten worden ist, es bestehen enge Beziehungen zwischen dem „digitalen Komplex“ in den USA und den Geheim- und Überwachungsdiensten. Vor allem die nationale Kontrolle über die Fest- und Mobilfunknetze ist für die USA sakrosankt.

Der BAT -Komplex ist noch wesentlich mehr in die staatliche Wirtschaftspolitik integriert. Die Unternehmen sind Bestandteil zentraler langfristiger Pläne („Made in China 2025“, Internet-Plus-Agenda und vor allem die „One Belt, One Road Initiative“). Die „Made in China 2025“ Initiative, verkündet 2015, hat zum Ziel, für China die führende Position in allen Zukunftsindustrien zu gewinnen. China soll zu einer „cyber- Supermacht“ werden, weltweit führend bei künstlicher Intelligenz, Quanten-Computern, Halbleitern und vor allem dem zukünftigen „5G“ Netz (Basis des „internet of things“ ). Aber auch im Bereich der synthetischen Biologie und der erneuerbaren Energien will China den Weltspitzenplatz erobern. Der riesige, schnell wachsende Binnenmarkt Chinas bietet nicht nur den digitalen Unternehmen große Expansionsmöglichkeiten, sondern auch die frühzeitige Verknüpfung des wirtschaftlichen und vor allem industriellen Strukturwandels mit der Digitalisierung, z.B. „Industrie 4.0“ Initiativen, Internethandel , Haushaltsgeräteindustrie.

Seit Beginn der Entwicklung der Mikroelektronik sind die USA Innovationsführer. Die Europäer sind immer Anwender geblieben. In China erwächst den USA jedoch jetzt eine zunehmend ebenbürtige Konkurrenz. Chinas Anstrengungen gehen jedoch noch weit über das Gleichziehen im technologischen Bereich hinaus. So wie auch die US-Firmen in andere Wirtschaftsbereiche vorstoßen wollen, will auch China sukzessive Kontrolle über Anwendungsbereiche der digitalen Technologien gewinnen. Während dieser Prozess in den USA vorwiegend (vom Militär abgesehen) Markt getrieben verläuft, steht in China ein globaler Plan wirtschaftliche Entwicklung und hegemonialer Dominanz dahinter. Die volle Übernahme oder wesentliche Beteiligung an europäischen, vor allem deutschen „Champions“ ist kein Zufall und keineswegs Profit getrieben. China will nicht nur die digitalen Basistechnologien möglichst monopolmäßig beherrschen, sondern auch die Anwendungskanäle, also die neuen digitalen Wertschöpfungsketten. Das System der „Inbesitznahme“ ist weit gespannt: von Minderheitsbeteiligungen an einzelnen Firmen bis zur Übernahme regionaler (Energie) Netze, vor allem der Mobilfunknetze und des neuen 5G Standards. Begleitet wird diese sukzessive Infiltrationspolitik von einer übergeordneten Unterstützungs- und Absicherungsstrategie. Über verschiedene Mechanismen wie z. B. das Seidenstraßenkonzept gewinnt China über generelle Kreditvergaben z. B. an Griechenland und Tschechien politischen Einfluss, nicht nur in diesen Ländern, sondern in der EU insgesamt. Ein weiteres Instrument ist der Zugang zum chinesischen Markt. Viele Unternehmen in Deutschland hängen zu einem beträchtlichen Umfang davon ab. VW hätte ohne den chinesischen Markt den Abgasskandal nicht bewältigt. China wird auch zum Wegbereiter für Umwelttechnologien. Durch das Importverbot für Plastikmüll z.B. zwingt es die „Müll- Länder“ zu eigenem Recycling, durch die Quote für Elektroautos die Automobilindustrie zur Entwicklung von Elektroautos. Vor allem in Afrika investiert China massiv zur Sicherung der eigenen Ernährungsbasis durch Aufkauf von Land. Chinesische Firmen haben inzwischen einen Anteil von 40 % am afrikanischen Mobilfunkmarkt. Die meisten Mobilfunknetze in Afrika nutzen Technologien von HUAWEI und ZTE. Das Seidenstraßen Projekt ist nicht nur ein Infrastrukturprojekt, sondern mit der damit integrierten „digitalen Seidenstraße“ soll Amazon als der weltgrößte Anbieter von Cloud –computing Diensten abgelöst werden.[15]

Für die USA (nur für diese?) gewinnt dadurch der Aspekt der nationalen Sicherheit vordringliche Bedeutung. Wenn China die neuen Mobilfunk – und Netzwerktechnologien dominiert, kontrolliert es auch das „internet of things“. Damit gewinnt China nicht nur den Zugang zu allen Daten, sondern ist auch in der Lage, die damit verbundenen und gesteuerten Netzwerke zu kontrollieren, sogar abzuschalten. Dies erklärt auch das Verbot des Zusammenschlusses von Qualcomm und Broadcom durch den US Präsidenten.[16]

China hat die amerikanische Schwäche nach der Wirtschaftskrise 2007/2008 gut genutzt und greift jetzt die Hegemonialposition der USA an. Es bedient sich hier derselben Mittel zur Entwicklung und Festigung eines „informal empire“ wie die USA nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Offensichtlich will sich China einer Integration der chinesischen Wirtschaft in die amerikanisch dominierte Weltwirtschaft entziehen. Im Gegensatz zu den europäischen Unternehmen nach dem Zweiten Weltkrieg gibt es keine Verschmelzung der Unternehmensstrukturen und der Wertschöpfungsketten. Chinesische Unternehmen sind nicht in erster Linie kapitalistische Unternehmen, Markt- und profitorientiert und von privaten Aktionären gesteuert. Sie sind vielmehr letztlich Bestandteil des chinesischen allumfassenden Staatswesens. Es ist also möglich, dass sich hier wieder zwei rivalisierende Systeme weltweit etablieren.

Die amerikanische Hegemonie zeigt mehrfach Risse. Hingewiesen wurde bereits auf die exorbitante Umverteilung von Einkommen, wachsende Armut, Schrumpfen der Mittelschichten, politische Auflösungserscheinungen und nicht zuletzt die neu entstandenen Konflikte mit Russland und China. Vor allem die Krise 2007/2008 hat die USA an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit geführt, allerdings auch gezeigt, dass die USA nach wie vor der Garant der Weltwirtschaft sind, mit dem Dollar als Leitwährung, den institutionellen Kapazitäten zum Management der globaler Wirtschaft und vor allem der Finanzströme sowie dem Nachfragepotenzial (damit auch vor allem den Importpotenzial zur Stabilisierung anderer Volkswirtschaften) der größten Wirtschaft. Dennoch stehen die USA vor dem Problem der Überdehnung und müssen deshalb ihre Potenziale neu organisieren und verstärken. Zumindest längerfristig stehen auch die USA vor dem Problem des Klimawandels und des Umweltschutzes. Auf diese Probleme hat das profitorientierte amerikanische Wirtschaftssystem bisher keine Antwort gefunden, außer, diese Probleme zu verleugnen.[17]

Die derzeitige Reaktion der USA auf die beschriebenen Probleme weist große Ähnlichkeit mit der Reaktion der USA und die ergriffenen Maßnahmen auf die Krise der siebziger Jahre (Ölpreiskrise und schwache Produktivitätsentwicklung, Stagflation) auf. Die Entwicklungskrise des Kapitalismus wurde damals überwunden durch eine Neuordnung und Ausdehnung der internationalen Finanzmärkte (u.a. Entwicklung der Euro-Bond Märkte), durchaus vergleichbar mit der derzeitigen Geldpolitik der Notenbanken, ein allmähliches Umsteuern der Wirtschaftspolitik in Richtung des neoliberalen Modells, ein umfangreiches Programm zur Restrukturierung der US Industrie (Lean Production ist ein Instrument jener Zeit) und vor allem eine Neuordnung des Verhältnisses zu Japan. Das japanische Wirtschaftssystem der damaligen Zeit war durchaus vergleichbar dem heutigen staatskapitalistischen System Chinas. Mit dem Plaza- und Louvre Agreement wurde das japanische Finanzsystem geöffnet und in das amerikanisch dominierte Weltfinanzsystem integriert. Zugleich endete die bisherige Tolerierung des $ – Yen Wechselkurses, der tatsächlich japanische Exporte in die USA subventionierte und US Importe nach Japan verteuerte. Damit waren die japanischen Firmen gezwungen direkt in den USA zu investieren und dort Produktionen aufzubauen und Arbeitsplätze zu schaffen. Allein zwischen 1985 und 1989 erhöhten sich die japanischen Direktinvestitionen in den USA von 2,6 Milliarden $ auf 21,2 Milliarden $.

Es hat tatsächlich den Anschein, dass die USA eine solche Strategie in ähnlicher, wenn auch veränderter Form wiederholen wollen um die chinesische Wirtschaft wieder in die amerikanische Hegemonie einzubinden. Die USA wollen schließlich nicht das System der freien und ungehinderten Expansion privatkapitalistischer Firmen weltweit verändern, sondern nur die Regeln zu ihren Gunsten ändern. Sie wollen spezifische Rollenverpflichtungen einschränken, v. a. die militärischen Verpflichtungen und ihre Rolle als „market of last resort“.[18] Stattdessen sollen die Importeure ihre Produktion in die USA verlagern. Mit dem Wiederaufbau eines verhältnismäßig geschlossenen und vom Ausland weniger abhängigen Wirtschaftssystems soll zugleich die Position angesichts absehbarer Konflikte mit Russland und China, später vielleicht auch anderen „global playern“ verbessert werden. Noch verfügen die USA mit dem Dollar als internationale Leitwährung, ihrem weltumspannenden Finanzsystem und ihren institutionellen Kapazitäten zum Management der Welt Finanzen, vor allem der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrisen, über die Überlegenheit, ihre Interessen durchzusetzen. Es wird jedoch zunehmend bezweifelt, ob die USA in der Lage sind, eine nochmaligen und diesmal noch größeren globalen (beinahe) Zusammenbruch des Weltfinanzsystems zu bewältigen.

Die jetzt ergriffenen Maßnahmen haben jedoch erhebliche Nebenwirkungen. Angesichts der finanziellen Verflechtungen der Ökonomien aller Länder und der gigantischen Schulden von Staaten und Privaten, kann ein ausgedehnter Handelskrieg zu einer Kernschmelze des globalen Finanzsystems führen. Es bleibt daher abzuwarten, ob es den USA gelingt analog zu den siebzigern ein neues Instrument der internationalen Koordination und Integration zu schaffen. Dies wird maßgeblich davon abhängen, ob China gezwungen werden kann, den Aufbau eines eigenen zu den USA konkurrierenden weltumspannenden Wirtschaftssystems aufzugeben.[19] Auch die laufenden verdeckten Aktionen, die EU wieder in „Nationen“ aufzuspalten, werden im Erfolgsfall die Architektur des „American Empire“ erschüttern.

Unabhängig vom Verlauf und den konkreten Ergebnissen dieser Auseinandersetzungen muss aber vor allem festgestellt werden, dass diese Entwicklungen das deutsche „Geschäftsmodell“ einer weitgehenden Integration in einen liberalisierten Weltmarkt und in die amerikanische Hegemonie infrage stellen. Das deutsche Wirtschaftssystems ist nicht nur exportlastig, sondern produziert hohe Exportüberschüsse. Diese realen Transfers fehlen für Inlandsinvestitionen, in Bildung, Breitbandausbau usw. Die schon mittelfristige Gefährdung des deutschen „Systems“ geht aber auch vom Aufbau der Industrie, von Forschungs- und Innovationskapazitäten vor allem in China, und in anderen Schwellenländern aus. Diese Entwicklung und ihre Konsequenzen wurden bereits in früheren Beiträgen ausführlich analysiert.[20] Jetzt sind auch die amerikanischen Märkte gefährdet. Die USA sind der wichtigste Absatzmarkt für deutsche Produkte. Der Anteil der USA beträgt fast 10 % an den deutschen Ausfuhren. Mehr als 1,5 Millionen Arbeitsplätze hängen direkt und indirekt davon ab. Eine noch stärkere Orientierung der deutschen Wirtschaft am chinesischen Markt ist nur zu erkaufen mit einem wesentlich größeren Einfluss Chinas durch Unternehmensaufkäufe und Direktinvestitionen.

Sollten tatsächlich zwei digitale Systeme weltweit entstehen, werden sich die Europäer für ein System und damit auch für eine Abhängigkeit entscheiden müssen. Ein sowohl als auch und eine Auswahl wird es möglicherweise bald schon nicht mehr geben. Dies wird den Digitalisierungsprozess in Deutschland wesentlich beeinflussen, möglicherweise auch erheblich beeinträchtigen, es sei denn, es werden kompensierende deutsche und europäische Kapazitäten geschaffen.

Für den Digitalisierungsprozess in Deutschland und damit auch für die mittelfristigen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt bedeuten diese neuen Entwicklungen einen erheblichen Anstieg der Unsicherheiten und Risiken. Märkte sind in Gefahr, international verflochten Wertschöpfungsketten lösen sich möglicherweise auf. Diese Ungewissheiten können sehr schnell durchschlagen auf die Reorganisation von Produktionssystemen, von Arbeitsorganisation und Arbeitsabläufen und damit den Einsatz digitaler Technologien. Die Diffusionsgeschwindigkeit digitaler Technologien wird zwar einerseits durch den internationalen Wettbewerb wesentlich beschleunigt, andererseits aber auch durch die absehbaren Unsicherheiten in der weltweiten Wirtschaftsentwicklung gebremst.

 

Anhang: Literaturquellen Digitalisierung und Beschäftigung, Analysen und Prognosen

1. Arbeitsmarkt 2030, Studie i.A. BMAS

file:///G:/Arbeitsmarkt;%20Arbeitslosigkeit/ERC%20Arbeitsmarkt%202030%20-%20Prognose%202016%20-%20Fachexpertisen-1.pdf


2.BMAS: Foresight Studie“ Digitale Arbeitswelt“

Forschungsbericht 463, Februar 2016

file:///G:/Arbeitsmarkt;%20Arbeitslosigkeit/f463-digitale-arbeitswelt.pdf


3.IAB: Industrie 4.0 und die Folgen für Arbeitsmarkt und Wirtschaft

file:///G:/Arbeitsmarkt;%20Arbeitslosigkeit/Industrie%2040%20und%20die%20Folgen%20IAB%20fb0815.pdfForschungsbericht 8/2015


Wirtschaft 4.0 und die Folgen für Arbeitsmarkt und Ökonomie
IAB Forschungsbericht 13/2016

http://doku.iab.de/forschungsbericht/2016/fb1316.pdf


C.B. Frey; M.A. Osborne: The future of Employment. How susceptible are jobs to computerisation ?
Cambridge 2013

file:///G:/Arbeitsmarkt;%20Arbeitslosigkeit/The_Future_of_Employment.pdf


BMAS: Übertragung der Studie von Frey/Osborne (2013) auf Deutschland
Forschungsbericht 455, Juni 2015

file:///G:/Arbeitsmarkt;%20Arbeitslosigkeit/fb-455.pdf


UNCTAD: Trade and Development
Report 2017: Beyond Austerity: Towards a Global New Deal

file:///G:/Arbeitsmarkt;%20Arbeitslosigkeit/Unctad%20(robotik)tdr2017_en.pdf

OECD: Automation and Independent Work in a Digital Economy, Paris 2016
file:///G:/Arbeitsmarkt;%20Arbeitslosigkeit/Automation-and-independent-work-in-a-digital-economy-2016.pdf


Accenture : Technology vision 2017
Amplifyou (speziell über künstliche Intelligenz)

file:///G:/Digitalisierung/Accenture-TV17-Full.pdf


Mc Kinsey Global Institute, Report 2017, What the Future of Work will mean for Jobs, Skills and Wages
https://www.mckinsey.com/global-themes/future-of-organizations-and-work/what-the-future-of-work-will-mean-for-jobs-skills-and-wages


BMAS, Kompetenz-und Qualifizierungsbedarfe bis 2030
http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Thema-Arbeitsmarkt/lagebild-partnerschaft-fachkraefte-2017.pdf;jsessionid=639B88124140286938334DB23EC1CB60?__blob=publicationFile&v=1


Prognos Studie Fachkräfte Bedarf Bayern
https://www.prognos.com/fileadmin/pdf/publikationsdatenbank/121218_Prognos_vbw_Arbeitslandschaft_2035.pdf


McKinsey Global Institute: Artificial Intelligence
The next digital frontier

https://www.mckinsey.com/~/media/McKinsey/Industries/Advanced%20Electronics/Our%20Insights/How%20artificial%20intelligence%20can%20deliver%20real%20value%20to%20companies/MGI-Artificial-Intelligence-Discussion-paper.ashx


 Andrew Berger u.a. ; Robots, Growth and Inequality; IMF , Finance and Development Sept. 2016
file:///G:/Roboter%20und%20KI/Robots,%20Growth%20an%20inequality%20(IMF%202016).pdf

BIBB: Alternative Szenarien der Entwicklung von Qualifikation und Arbeit bis 2030
file:///G:/Arbeitsmarkt;%20Arbeitslosigkeit/59819164f18ed_wd_137_alternative_szenarien_der_entwicklung_von_qualifikation_und_arbeit_bis_%202030.pdf

Bertelsmann 2015, Wandel der Beschäftigung; (Arbeitsmarktpolarisierung)
https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/user_upload/Wandel_der_Beschaeftigung_NW.pdf

 

Fußnoten

[1] links zu einer Auswahl an Studien und Gutachten befinden sich im Anhang

[2] Eine Übersicht über diese Studien findet sich in: BMAS, Kompetenz- und Qualifizierungsbedarfe bis 2030;

Anhang].
[3] Kurt Vogler-Ludwig u.a.: Arbeitsmarkt 2030; Wirtschaft und Arbeitsmarkt im digitalen Zeitalter;

Prognose 2016.s. Anhang; und IAB Forschungsbericht 13/2016: Wirtschaft 4.0 und die Folgen

für Arbeitsmarkt und Ökonomie, s. Anhang

[4] Übersichten bei:

Zühlke-Robinet, Klaus; Schafft der Mensch den Menschen ab?

https://hda-online.net/index.php/aktuelle-informationen/256-schafft-der-mensch-den-menschen-ab.html

und BMAS, Kompetenz- und Qualifizierungsbedarfe bis 2030, s. Anhang]

[5] Brynjolfssohn,Erik; Mcaffee,Andrew, von Managern und Maschinen; in Harvard Business Manager 3/2018;

37
Vgl. auch: vgl.:Kaplan ,Jerry; Künstliche Intelligenz,Frechen 2017, S. 143 – 156;

Berg, Andrew; Buffie, Edward F.; Zanna Luis-Felipe: Robots, Growth, and Inequality;

IMF, Finance & Development, September 2016; S. 10-13;

[6] vgl. Kompetenz-und Qualifizierungsbedarfe bis 2030 (im Anhang).

[7] “ wird aus dem physischen Produkt ein cleveres System… . Dies beschreibt den Umbruch, der die deutsche Industrie und ihre Ingenieure herausfordert. Die Transformation verläuft mehrstufig. Typischerweise beginnt sie damit, dass Unternehmen ihre Produkte mit Sensoren ausstatten, um sie aus der Ferne überwachen zu können. Sie können Störungen identifizieren, teilweise noch bevor sie auftreten. Die nächste Stufe: Konstrukteure erschaffen am Rechner ein virtuelles Abbild ihrer Maschine, einen digitalen Zwilling. An ihm simulieren sie schon in der Entwicklungsphase, wie die Anlage funktionieren kann, sie erkennen Fehler und vermeiden Sie. Dieses Prinzip bedeutet eine kleine Revolution für einen Ingenieur, es stellt seine gewohnten Arbeitsabläufe auf den Kopf. Bislang begann er damit, Bauteile zu entwerfen, sie zu fertigen, zu einem Produkt zusammenzusetzen und dann zu testen. Nun wird zunächst ein Digitalmodell des gesamten Systems geschaffen und geprüft, ob es läuft. Erst dann werden die Einzelteile real gefertigt. Eine Konsequenz: die Berufserfahrung des Ingenieurs verliert dramatisch an Wert.“ (Das Düsentrieb-Dilemma; der Spiegel Nummer 23/2. 6. 2018 Seite 67

[8] Bertelsmann Studie: https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/user_upload/Wandel_der_Beschaeftigung_NW.pdf

[9]McKinsey Global Institute, What the future of work willmean for jobs,skills, and wages,

20 ff.( https://www.mckinsey.com/global-themes/future-of-organizations-and-work/what-the-future-of-work-will-mean-for-jobs-skills-and-wages
[10] Willems, Walter, Der Ozean schnappt nach Luft, Beilage zum General Anzeiger vom

20/21. 1. 2018

[ Plastikmüll erhöht u.a. den Sauerstoffmangel in den Ozeanen und verstärkt den Klimaeffekt.]

[11] Interview mit Georg Ostermaier, Biolandwirt; in: Focus Business Feb./März 2018 ;S.32

[12] Randers, Jorgen, 2052, Der neue Bericht an den Club of Rome, S. 115 ff

[13] Ebenda S. 119 ff.

[14] Weizsäcker u.a. “ wir sind dran“ a. a. O. S. 23

[15] Kleber,Klaus, Spielball Erde,München 2014

[16] The battle for digital supremacy, Economist March 17th-23rd 2018

[17] Die Strukturen und die Richtung der Globalisierung verändern sich. Um diesen Prozess richtig einschätzen zu können, ist ein kurzer historischer Rückblick unerlässlich. Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs übernehmen die USA endgültig Ordnung und Organisation der Weltwirtschaft. Schaffung multinationaler Institutionen wie GATT und WTO, Vereinte Nationen (daraus folgte eine zumindest partielle Internationalisierung des Staates), das schiere Gewicht der amerikanischen Wirtschaft und der Schutz der „westlichen Welt“ durch das amerikanische Militär (pax americana) garantieren nach und nach den Abbau aller Handelsschranken und die Öffnung der Märkte für Kapitalinvestitionen und den freien Kapitalverkehr. Der Dollar wird zur Leitwährung der Welt und das amerikanische Zivilisationsmodell verbreitet sich. Interessant dabei ist, dass die produktivitätsorientierte Lohnpolitik als Kernbestandteil eines expandierenden Individualkonsums und Ergebnis des New Deal ebenfalls Leitgröße für andere Länder wurde. Nicht zuletzt ist auch die amerikanische Mission zu berücksichtigen, die Verbreitung der Mehrparteien Demokratie und der Gewaltenteilung weltweit. Mit der Jahrtausendwende war dieses System des amerikanisch konzipierten Kapitalismus voll entwickelt, die Transformation vor allem nationaler Arbeitsmärkte zu einer globalen Arbeitsteilung, die Entwicklung weltweiter Wertschöpfungsnetzwerke und eine umfassende finanzielle Architektur für die Finanzierung der weltweiten Expansion kapitalistischer Unternehmen sowie die Integration des chinesischen und russischen Wirtschaftssystems in das amerikanisch dominierte. Diese Strukturen beginnen, sich aufzulösen.

[18] Hier kommt den USA jedoch das sog. Triffin- Dilemma in die Quere. Der Emittent einer globalen Reservewährung muss ständig Handelsbilanzdefizite fahren, um die Welt mit ausreichend Reservemitteln für den normalen Handel zu versorgen. Ein Land aber, dass lange genug Defizite fährt, geht pleite. Dies erklärt vielleicht die verzweifelten Versuche der USA, über protektionistische Maßnahmen das Handelsbilanzdefizit zu vermindern. Damit wird aber auch den Dollar als Leitwährung geschwächt. Dies ist ein struktureller Konflikt, der im Rahmen der gegebenen weltwirtschaftlichen und finanzwirtschaftlichen Strukturen nicht lösbar ist.

[19] Panitch, Leo; Gindin,Sam, The Making of Global Capitalism. The Political Economy of the American

Empire; London/New York 2013,

[20] https://hda-online.net/index.php/arbeitswelt-gestalten/megatrends.html

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